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30.12.2019 13:03 Alter: 4 yrs
Kategorie: Berufspolitik, Medien & Internet, Medizinrecht

Ansprüche gegen ein Bewertungsportal

Differenzierte Rechtsprechung


 

Das Oberlandesgericht Köln hat als Rechtsmittelinstanz über den Löschungsantrag und Unterlassungsanträge eines Oralchirurgen gegenüber einem Bewertungsportal entschieden (OLG Köln, Urt. v. 14.11.2019, Az.: 15 U 126/19).

 

Nachdem der Oralchirurg erstinstanzlich noch voll obsiegt hatte, unterlag er nach Rechtsmitteleinlegung des Portalbetreibers mit seinen Begehren vor dem OLG Köln zu 86 %. Das Verhältnis kann man unter anderem an der Kostenverteilung ersehen.

Nach der Rechtsprechung darf ein Portalbetreiber ohne konkrete Einwilligung Daten eines Arztes veröffentlichen. Die Rechtfertigung hierfür kann die Stellung eines Vergleichsportals als „neutrale Informationsvermittlung“ sein. Diese Neutralität muss dann aber auch gewahrt werden.

 

Wahrt ein Portalbetreiber seine auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition als "neutraler Informationsmittler" jedoch nicht und verschafft seinen zahlenden Kunden in Gewinnerzielungsabsicht "verdeckte Vorteile", führt das zur Einschränkung seiner Veröffentlichungsrechte. Folge ist, dass dann die einwilligungslose Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten eines Betroffenen in Form von Basisdaten, Noten und Freitextkommentare auf dem Portal unzulässig wird.

 

Der Kläger griff vorliegend nicht generell den Betrieb einer (neutralen) Bewertungsplattform an, sondern die konkrete Ausgestaltung des Portals, das Premiumkunden und (nicht zahlende) Basiskunden unterschiedlich behandelte. Zwar wurden Basiskunden und Premiumkunden nicht unmittelbar auf dem Profil des Basiskunden durch ein dort vorhandenes Werbebanner oder einen dort vorhandenen Link unterschiedlich behandelt, sondern erst auf einer per Link erreichbaren weiteren Seite des Portals. Auch hierin erkannte jedoch der Senat die Gewährung eines "verdeckten Vorteils" zu Lasten der als Werbeplattform benutzten Basiskunden.

 

In weiteren erheblichen Punkten urteilte das OLG aber zugunsten des Portalbetreibers, so dass dies zu dem deutlichen Unterliegen des Arztes führte. Das OLG bewertete dabei jeden Vorwurf nach folgendem Schema:

 

  • Zunächst ist zu prüfen, ob Basiskunden auf dem Portal der Beklagten als "Werbeplattform" für Premiumkunden „benutzt“ werden.
  • Danach ist zu prüfen, ob Premiumkunden durch diese Form der Darstellung ein Vorteil gewährt wird,
  • der schließlich aus Sicht des durchschnittlichen Nutzers "verdeckt" erfolgt, mithin für diesen nicht erkennbar ist und zudem bei diesem zumindest potentiell eine Fehlvorstellung über die Ursache der unterschiedlichen Darstellung oder Behandlung hervorrufen kann.

 

Nur wenn alle Punkte erfüllt sind, dient nach Auffassung des OLG das Portal nicht mehr allein dem Informationsaustausch zwischen Patienten. Dann ist den Interessen der ohne ihre Einwilligung aufgenommenen Basiskunden der Vorrang bei der Abwägung der Rechte einzuräumen und ihre Daten dürfen nicht einwilligungslos verwendet werden. Andernfalls muss sich der Arzt die Verwertung seiner Daten gefallen lassen.

 

Anmerkung:

Nicht zu Unrecht haben einige Landgerichte die Verwertung von Basisdaten kritischer gesehen und u.a. pauschal von „Zwangsverzeichnissen“ gesprochen, die nur in einem "neutralen, alle Ärzte gleichbehandelnden Bewertungsportal (zu) dulden" seien. Das OLG Köln entschied die Frage, ob eine rechtswidrige Datenverarbeitung vorliegt, hingegen isoliert für jeden Klageantrag.

 

Quelle: heller::kanter Rechtsanwälte (Gustav-Heinemann-Ufer 56, 50968 Köln), Rechtsinformationen für Zahnärzte, IV.2019; mail@heller-kanter.de; www.heller-kanter.de