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07.09.2019 10:43 Alter: 5 yrs
Kategorie: Medizinrecht

Versicherungsbetrug kann die Approbation kosten

Widerruf „wegen Unwürdigkeit“ möglich


 

Das Amtsgericht Passau hatte eine niedergelassene Ärztin im Oktober 2014 wegen Betrugs in 22 Fällen mit rechtskräftigem Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung aber zur Bewährung ausgesetzt (Bewährungszeit: 3 Jahre). Der Verurteilung lag nach den Gründen des Strafurteils der Sachverhalt zugrunde, dass die Medizinerin in den Jahren 2007 bis 2011 mehrfach und über längere Zeiträume Krankentagegelder aus einer Versicherung zur Absicherung des Verdienstausfalls aufgrund vollständiger Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfalls bezogen hatte. Tatsächlich war sie jedoch an 118 Tagen in den Zeiträumen der angeblichen vollständigen Arbeitsunfähigkeit als selbstständige Ärztin in ihrer Praxis tätig und arbeitete an 30 Tagen als Schiffsärztin. An weiteren 107 Tagen hielt sie sich entgegen den vertraglichen Vorgaben an anderen Orten als dem Wohnort auf. Die Klägerin bezog auf diese Weise Krankentagegeld in Höhe von 65.188,20 Euro, ohne darauf einen Anspruch zu haben.

 

Nach diesem Urteil widerrief die Regierung von Oberbayern per Bescheid vom April 2015 ihre Approbation, weil sie aus berufsrechtlicher Sicht unwürdig sei, den Beruf der Ärztin weiter auszuüben.

 

Dieser Bescheid wurde durch Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg mit der Begründung gekippt, dass die Verurteilung der Klägerin wegen Betruges in 22 Fällen nicht dazu führe, dass sie im Sinne der Bundesärzteordnung (BÄO) „unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs“ sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vielmehr die Prognose gerechtfertigt sein, dass von dem betroffenen Arzt eine Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut ausgehe. Das sei hier nicht der Fall. Da die von ihr verübten Betrugstaten keinen Bezug zum Arztberuf aufwiesen und bereits längere Zeit zurücklägen, sei das Ansehen der Ärzteschaft nur in relativ geringem Umfang beeinträchtigt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sei daher eine Berufsunwürdigkeit zu verneinen.

 

Dem widersprach der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München durch Urteil vom Juni 2017. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: In dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens sei die Approbation zwingend zu widerrufen gewesen, denn die Klägerin habe sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich ihre Unwürdigkeit zur weiteren Ausübung des ärztlichen Berufs ergebe. Die von ihr verübte Straftat des Betrugs in 22 Fällen führe bei Würdigung aller Umstände dazu, dass sie nicht mehr das für die Ausübung des ärztlichen Berufs unabdingbar nötige Ansehen und Vertrauen besitze. Die Allgemeinheit erwarte bei der gebotenen objektiven Betrachtung von einem Arzt, dass er anderen nicht durch erhebliche Straftaten wesentlichen Schaden zufüge, weil das dem Bild vom helfenden und heilenden Arzt zuwiderliefe. Die Betrugstaten der Klägerin hätten mit Blick auf den langen Tatzeitraum und die Höhe des Schadens erhebliches Gewicht. Sie belegten, dass sie um des eigenen Vorteils wegen bereit sei, sich über finanzielle Interessen Dritter hinwegzusetzen und diesen einen erheblichen Schaden zuzufügen. Der VGH ließ eine Revision gegen sein Urteil nicht zu. Hiergegen klagte die Ärztin vor dem Bundesverwaltungsgericht (Az.: 3 B 7.18) und unterlag nunmehr mit Beschluss vom 31. Juli 2019. Die Richter führten dabei u.a. aus, dass die Rechtssache weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung habe, noch weiche das angegriffene Berufungsurteil von der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab.

 

Leitsatz:

Der Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO ist nur gerechtfertigt, wenn er im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens zur Abwehr einer Gefahr für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient weiterhin erforderlich ist.

 

Quelle: BVerwG