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< Bürokratie-Burnout in den Praxen stoppen!
08.12.2024 12:43 Alter: 102 days
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, Kommentare, Praxismanagement, Privates Gebührenrecht

Zahnärztekammer Nordrhein: Die Wahlergebnisse

Zahnärztekammer Nordrhein: Beschlüsse der Kammerversammlung


 

 

Kammerwahl:                                   Seit dem vergangenen Mittwoch wurden die Stimmzettel der Kammerwahl in Nordrhein durch die Wahlausschüsse ausgezählt. Am Freitag (6. Dezember 2024) hat der Hauptwahlausschuss dann das amtliche Ergebnis der Wahl festgestellt. Dieses wurde anschließend durch Bekanntmachung des Hauptwahlleiters veröffentlicht. Die Ergebnisse finden Sie hier. Die gewählten Delegierten werden im Rahmen der für den 8. Februar 2025 terminierten konstituierenden Sitzung den Vorstand und das Präsidium der Zahnärztekammer Nordrhein in der neuen Legislaturperiode wählen.

 

Kammerversammlung:                Am vergangenen Samstag (7. Dezember 2024) fand in Neuss die letzte Kammerversammlung der aktuellen Legislaturperiode statt. Die Delegierten verabschiedeten einstimmig die nachfolgenden Beschlüsse – ein ausführlicher Bericht wird in Kürze auf der Webseite der Kammer eingestellt.

 

Antrag-Nr. 1

 

Betreff:                 Resolution:

 

Zahnarztpraxen haben Belastungsgrenze erreicht, so geht es nicht weiter!

 

Wortlaut:

 

Die Zahnarztpraxen in Deutschland laufen Gefahr eine geregelte Patientenversorgung nicht mehr gewährleisten zu können. Politik und Gesellschaft müssen sich entscheiden, ob sie die gute zahnmedizinische Versorgung unserer Patienten eintauschen möchten gegen Misstrauenskultur, ausufernde Dokumentationsauflagen und behördliche Überwachungsexzesse. Diesen überhöhten Anforderungen können die Praxen nicht mehr standhalten. Unsere Teams befinden sich im Bürokratieburnout! Dazu belasten Inflation, Fachkräftemangel und steigende Lohnkosten ohne angemessenen Honorarausgleich in der GOZ.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert die künftige Bundesregierung dazu auf, die Gesundheitspolitik als zentrale Aufgabe zu behandeln und damit die Zukunftsfähigkeit des Gesundheitswesens sicherzustellen. Zu den Kernthemen gehören:

 

  • Stärkung der Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung und Abkehr von einem staatlichen Gesundheitssystem
  • Stärkung des ambulanten Sektors und der bewährten wohnortnahen Versorgung
  • Investoren-MVZ zum Patientenschutz regulieren
  • Bürokratieburnout beenden
  • Lösungen zum Fachkräftemangel erarbeiten
  • Bekenntnis und Stärkung des dualen Systems in der Krankenversicherung, verbunden damit auch die angemessene Honorierung in der GOZ
  • Präventive, gesundheitsförderliche Maßnahmen erfolgreich weiterentwickeln
  • Praxistaugliche Digitalisierung

 

Antrag-Nr. 2

 

Betreff:                 Resolution:

 

Überbordende (Hygiene-) Bürokratie gefährdet die Patientenversorgung

 

Wortlaut:

 

Präambel:

 

Sichere Hygiene und Arbeitsschutz haben höchste Priorität für Patienten- und Mitarbeiterschutz

 

Die Anforderungen an Hygiene und Medizinprodukteaufbereitung müssen wissenschaftlich belegt sein und Medizinproduktebetreiber müssen sich auf die Anwendungssicherheit von zugelassenen Medizinprodukten verlassen können.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert den Verordnungsgeber auf, darauf hinzuwirken, dass sich die Anforderungen für Hygiene und Medizinproduktegebrauch und -aufbereitung an wissenschaftlich belegten Erfordernissen und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientieren.

 

Wissenschaftlich als wirksam nachgewiesene Verfahren müssen zulässig sein.  Anforderungen, deren medizinischer Nutzen oder Mehrwert nicht wissenschaftlich belegt sind oder nur aus grundsätzlichen, normativen Gründen oder neuen technischen Möglichkeiten resultieren, führen nicht zu mehr Patienten- und Arbeitssicherheit. Ihr Sinn ist somit zweifelhaft und deshalb abzulehnen, insbesondere, wenn sie zu erhöhtem Aufwand und erhöhten Kosten in den Praxen führen.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert den Verordnungsgeber auf, sicherzustellen, dass nur Medizinprodukte von benannten Stellen zugelassen werden, deren Herstellervorgaben für die Anwendung und Aufbereitung nicht in Widerspruch zu den Anforderungen der MPBetreibV oder KRINKO-BfArM-Empfehlungen stehen.

 

Benannte Stellen als neutrale staatlich autorisierte Stellen bescheinigen im Rahmen der vom Hersteller durchzuführenden Konformitätsbewertung deren Korrektheit, um die sichere Anwendung von Medizinprodukten zu gewährleisten. Die Zahnärzte als Medizinproduktebetreiber müssen bei dem Erwerb oder Betrieb von Medizinprodukten auf die Verlässlichkeit dieser Zulassung gerade aufgrund der vielfältigen und komplexen Anforderungen vertrauen können! Wird dieser „Verbraucherschutz“ nicht gewährleistet, entsteht ein massives Überforderungsszenario für die Praxen und gefährdet damit die Patientenversorgung.

 

Antrag-Nr. 3

 

Betreff:                 Fachkräftesicherung                     

 

Wortlaut:

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert die Bundesregierung sowie die Landesregierungen der Bundesländer dazu auf, die Voraussetzungen für die Fachkräftesicherung in den zahnärztlichen Praxen, zu schaffen, u. a. durch:

 

  • Änderung der Bildungspolitik, mit einer Ausrichtung und Förderung der gesellschaftlichen Anerkennung mittlerer Schulabschlüsse, Wertschätzung praktischer Berufe, einhergehend mit der Stärkung der dualen Berufsausbildung gegenüber einer pseudoakademischen Fehlqualifizierung junger Menschen in praktischen Berufsbildern,
  • angemessene Vergütung zahnärztlicher Leistungen (BEMA und der GOZ) zur Refinanzierung / Kompensation wertschätzender Gehälter und Lohnsteigerungen,
  • flächendeckende infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich der Kinderbetreuung, den Betreuungszeiten, der schulischen Ausbildung und des öffentlichen Personennahverkehrs, welche eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und so zu einer erhöhten Erwerbsbeteiligung von Beschäftigten mit Schutzbefohlenen führen,
  • Bürokratieabbau, mehr Zeit für die Arbeit am Patienten, Schonung personeller Ressourcen
  • Berufsorientierung nutzen und ausbauen
  • eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik zur Unterstützung von Menschen und bei deren Integration in die Arbeitswelt.

 

Begründung:

 

Der Arbeits- und Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung der deutschen Wirtschaft; das gilt auch für den zahnmedizinischen Bereich. Es bedarf eines gesamtgesellschaftlichen Umsteuerns sowie praxisbezogener Maßnahmen, um die Herausforderung des Fachkräftemangels zu bestehen. Hierzu gehören neben tarifpolitischen Maßnahmen, wie angemessene Gehälter und flexiblere Arbeitszeiten, die durch den Berufsstand zu regeln sind, ein grundsätzlicher Kurswechsel der Sozial- und Bildungspolitik der Bundesregierung.

 

Das duale Berufsbildungssystem der Bundesrepublik ist gegenwärtig einer starken Belastungsprobe ausgesetzt. Die duale Ausbildung muss wieder in den Fokus gerückt, die Attraktivität herausgehoben werden. Denn ein berufsbildender Abschluss ist eine Garantie für eine Beschäftigung. 88 Prozent der 25- bis 34-Jährigen mit Berufsabschluss haben laut OECD einen Job.

 

„Es wird Zeit, die berufliche Bildung neben der akademischen Bildung politisch so zu stärken, dass die berufliche Bildung auch tatsächlich die gesellschaftliche Wertschätzung bekommt, die ihr angesichts ihres Erfolges nicht nur im internationalen Vergleich, sondern auch in Deutschland gebühren sollte.“ so auch die Philologen-Vorsitzende Susanne Lin-Klitzing.

 

Sinnleere Bürokratie (insbes. Dokumentationspflichten) kostet Zeit von Fachkräften, die während dieser Zeit in der Behandlung fehlen. Sinnleere Bürokratie raubt Kraft und Energie der Mitarbeitenden, führt zu Abwanderung in andere Berufe und verstärkt so den Fachkräftemangel.

 

Junge Menschen entscheiden sich vor allem dann für eine Arbeit in ländlichen Gebieten, wenn sie attraktive Bedingungen vorfinden. Hierzu gehören Faktoren, wie eine schnelle Anbindung an größere Städte (ÖPNV), ein Kinderbetreuungsplatz, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur- und Freizeitangebote, oder auch eine funktionierende Breitbandinfrastruktur.

 

 

 

Antrag-Nr.4

 

Betreff:                Resolution

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein stellt das Versagen des Verordnungsgebers fest, den berechtigten Interessen der Zahnärzte im Sinne des § 15 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) Rechnung zu tragen.

 

§ 15 ZHG

 

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Entgelte für zahnärztliche Tätigkeit in einer Gebührenordnung zu regeln. In dieser Gebührenordnung sind Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Dabei ist den berechtigten Interessen der Zahnärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen.