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06.12.2018 10:24 Alter: 5 yrs
Kategorie: Praxisfinanzen

Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis kann tarifbegünstigt sein

BFH-Entscheidung


Die Beurteilung der Übertragung einer freiberuflichen Einzelpraxis (z. B. Steuerberater-, Anwalts- oder Arztpraxis) wird immer dann strittig werden, wenn der Veräußerer seine Berufstätigkeit – zumindest am bisherigen Ort seiner Tätigkeit – nicht endgültig aufgibt.

 

Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH, Az. VIII R 2/15). Die „definitive” Übertragung des Mandantenstamms lasse sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen. Sie hänge von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab, die das Finanzgericht als Tatsacheninstanz zu würdigen habe. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit seien insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate, eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen.

 

Der Praxisinhaber wollte seine berufliche Tätigkeit aufgeben und den wesentlichen Wert der Praxis – den Mandantenstamm – auf einen Erwerber als Nachfolger übertragen. Damit diese Übertragung auf den Erwerber gelingen konnte, wirkte der Übertragende bei der Einführung des neuen Praxisinhabers in die bisherige Mandantschaft für eine gewisse Zeit mit. Soweit dies durch den Übergeber gegen Entgelt als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter erfolgte, änderte dies nach Auffassung des BFH an der Übertragung nichts, wenn dabei dem Erwerber die Beziehungen zu den Mandanten zukommen und er sie allein für sich weiterführt und verwertet.

 

Das Wirtschaftsgut „Mandantenstamm” könne aber nicht endgültig auf den Erwerber übergehen, wenn der Veräußerer doch wieder am bisherigen Geschäftsort erneut eine Beratung des früheren Klientels beginne. Dabei sei der Grund für diesen Neubeginn nach Auffassung des BFH nicht ausschlaggebend. Es reiche aus, wenn ein wesentlicher Teil der „veräußerten” Mandantenbeziehungen vom Veräußerer wieder übernommen wird.

 

Der BFH hat sich nicht definitiv dazu geäußert, welcher Zeitabstand zwischen Aufgabe und Neubeginn der Berufstätigkeit im gleichen Mandantenbereich vergangen sein muss, damit eine ursprüngliche Betriebsaufgabe angenommen werden kann. Im entschiedenen Fall reichte aber ein Zeitraum von 22 Monaten nicht aus, diese Rechtsfolge zu ziehen.

 

Hinweis

Es ist aber nicht möglich, die Zeitspanne zwischen Ende und Beginn der Beratungstätigkeit einfach um weitere 2 oder 4 oder sogar 12 Monate zu verlängern, damit die begünstigte Betriebsveräußerung angenommen werden kann. Wesentlich ist vielmehr, ob der bisherige Praxisinhaber die Beratung seiner vorherigen Mandanten auf eigene Rechnung zwischenzeitlich vollständig endgültig eingestellt hat, ehe er aus den unterschiedlichsten Gründen doch wieder eine erneute Tätigkeit für diese Mandanten beginnt.

 

Quelle: Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG am 6. Dezember 2018