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26.11.2018 10:28 Alter: 5 yrs
Kategorie: Praxisfinanzen

Vom Mitverschulden bei einem Auffahrunfall

OLG: 40 Prozent Abzug wegen Fehlverhaltens des Beifahrers


Verliert ein Sicherheitsgurt seine Schutzfunktion, weil sich ein Beifahrer während der Fahrt in den Fußraum beugt, um nach heruntergefallenen Gegenständen zu suchen, muss dieser sich im Fall einer unfallbedingten Verletzung ein Mitverschulden anrechnen lassen. Das hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 12. Januar 2018 entschieden (10 U 2718/15).

 

Die Klägerin befand sich als Beifahrerin im Fahrzeug ihres Ehemanns, als die Beklagte von hinten auf das Auto auffuhr. Unmittelbar vor dem Auffahrunfall hatte sich die Klägerin nach vorne in den Fußraum gebeugt, um nach heruntergefallenen Gegenständen zu suchen. Dazu hatte sie sich zwar nicht abgeschnallt. Wegen der Körperhaltung der Klägerin entfaltete der Sicherheitsgurt jedoch nicht seine Schutzwirkung.

 

Selbst verschuldet?

Das hatte zur Folge, dass sich die Klägerin bei dem Auffahrunfall erhebliche Verletzungen zugezogen hatte. Sie machte daher Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Ansprüche gegenüber dem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Unfallverursacherin geltend. Der stellte die grundsätzliche Haftungsverpflichtung seiner Versicherten zwar nicht in Frage. Er warf der Klägerin jedoch vor, ihre Verletzungen – da sie sich nach vorne gebeugt hatte – selbst verschuldet zu haben.

Dem schloss sich das in der ersten Instanz mit dem Fall befasste Landgericht München I an. Es wies daher die Forderungen der Klägerin als unbegründet zurück.

 

Mitverursachte Verletzung

Zu Unrecht, urteilte das von der Verletzten in Berufung angerufene Münchener Oberlandesgericht. Dieses ging zwar von einem Mitverschulden der Klägerin aus, hielt ihre Forderungen jedoch dem Grunde nach für berechtigt. Grundsätzlich, so das Gericht, begründet die nicht ordnungsgemäße Verwendung eines Sicherungssystems und eine dadurch (mit-) verursachte Verletzung zumindest ein Mitverschulden eines Fahrzeuginsassen.

 

Mitverschuldensquote von 40 Prozent

In dem entschiedenen Fall hatte ein Sachverständiger bestätigt, dass die Schutzfunktion des Sicherheitsgurtes wegen der besonderen Sitzhaltung der Klägerin zum Zeitpunkt des Auffahrunfalls vollständig aufgehoben war. Einen Teil ihrer Verletzungen hätte sich die Klägerin nach Überzeugung des Gutachters jedoch auch bei einer üblichen Sitzhaltung und der dann funktionierenden Rückhaltefunktion des Sicherheitsgurtes zugezogen.

Das Gericht hielt daher die Anrechnung einer Mitverschuldensquote von 40 Prozent für angemessen. Es sah keine Veranlassung, eine Revision gegen seine Entscheidung zuzulassen.

 

Autor: Wolfgang A. Leidigkeit

Quelle: VersicherungsJournal am 26. November 2018