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Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, GKV-Szene, Medien & Internet
"Arztpraxen sind keine Test-Labore"
KBV zum Stolper-Start des E-Rezepts
Das E-Rezept erhitzt weiter die Gemüter: Der Virchowbund fordert Sanktionen gegen die gematik und Patientenschulungen durch Krankenkassen. Die KBV wirft einen bangen Blick voraus: Kommenden Montag steigt die Patientenwelle höher.
Die Störungen beim Start des E-Rezeptes haben sich auch am Mittwoch fortgesetzt. Erste Reaktionen aus der Politik gab es auch bereits. Bereits am Dienstag hatte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Professor Andrew Ullmann auf der Plattform X (vormals Twitter) ein Moratorium bei der Einführung des E-Rezeptes für den Fall gefordert, dass sich die technischen Schwierigkeiten nicht zügig überwinden ließen. Für einen Stopp des Starts des E-Rezeptes sehen die Vertretungen der niedergelassenen Ärzte vorerst aber noch keinen akuten Anlass. Nach gerade einmal zwei Tagen Laufzeit sei es noch zu früh, bereits fundierte Bilanzen zu ziehen, hieß es dazu am Mittwochmittag auf Anfrage bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Die KBV verweist allerdings darauf, dass sie in der gematik als zuständigem Gremium gegen eine verbindliche Einführung des E-Rezeptes ab dem 1. Januar 2024 gestimmt habe. Die Arztpraxen seien kein Testlabor. Ein stufenweiser regionaler Rollout hätte dagegen Tests über die gesamte Prozesskette erleichtert. Zudem mache der parallele Einsatz von E-Rezepten und Verordnungen auf Papier die Arbeitsabläufe in den Praxen nicht einfacher. Haupt- und Mehrheitsgesellschafter der gematik ist das Bundesgesundheitsministerium.
Heinrich: „gematik finanziell zur Verantwortung ziehen“
Wichtiger als ein Moratorium wäre, die gematik und die Hersteller der Praxisverwaltungssysteme für solche von ihnen zu verantwortende Fehler endlich finanziell zur Verantwortung zu ziehen, forderte der Bundesvorsitzende des Virchowbundes Dr. Dirk Heinrich.
Das würde die Motivation, Fehler rasch auszumerzen erhöhen und den raschen, störungsfreien Betrieb realistischer machen, sagte er am Mittwoch der Ärzte Zeitung. „Hinweise der gematik, die Arztpraxen mögen doch bitte ihre Systeme auf Updates überprüfen, wirken vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Monate zynisch,“ sagte Heinrich. Die Schuld für Fehler werde immer beim Anwender, in diesem Fall der Ärzteschaft, gesucht.
Heinrich mahnte zudem eine Informationsoffensive der Krankenkassen an: „Kaum ein Patient, der in eine Praxis kommt, weiß Bescheid, wie das E-Rezept funktioniert“, beklagte sich Heinrich. Die Kassen versuchten, diese Aufgabe auf die Ärzte und die MFA abzuwälzen.
Nagelprobe erst ab kommenden Montag
Der Blick der Ärzte geht aber schon voraus auf den kommenden Wochenstart nach den Weihnachtsferien. Das werde die eigentliche Bewährungsprobe, heißt es bei der KBV. Erwartet werden dann rund 1,5 Millionen ausgestellte Rezepte am Tag.
Noch etwas weiter in der Zukunft liegt eine mögliche Sanktionierung von Ärzten, die keine elektronischen Rezepte ausstellen wollen oder dies nicht können. Das Digitalisierungsgesetz sieht vor, mit diesen Sanktionen einen Monat nach Veröffentlichung des Digitalgesetzes zu beginnen. „Das ist definitiv der falsche Weg“, hieß es dazu am Mittwoch bei der KBV. Der Erfolg der Digitalisierung des Gesundheitswesens stehe und falle mit der Unterstützung der Ärztinnen und Ärzte. Vertrauen schaffe man sicherlich nicht mit Bußgeldern.
Diese einseitigen Sanktionen gegenüber Praxisinhabern gehörten abgeschafft, sagte auch Heinrich der Ärzte Zeitung. Sie stellten ein massives Akzeptanz-Hindernis für sämtliche Anwendungen der Telematik-Infrastruktur dar. (af) Quelle: KBV-Newsletter am 4. Januar 2024