Vertragszahnarztrecht

Wirtschaftlichkeitsprüfung - Ermessen

Eine Zahnarztpraxis, bestehend aus zwei Behandlern, wandte sich gegen eine Kürzung von etwas über 3.000 Euro bei den Ziffern Bema-Nr. 105 und GoÄ-Nr. 1508. Am Ende wurde die Beklagte KZV zur Neubescheidung verpflichtet, weil der Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe unterschritten war, wonach zwar eine Einzelleistungskürzung zulässig war, die KZV aber auch den Gesamtfallwert zu „reflektieren“ hatte, was vorliegend nicht erfolgt war (SG München, Urt. v. 20.07.2023, Az. S 38 KA 5022/23).

Von Interesse ist vor allem, was das Gericht zu weiteren Argumenten urteilte, so u.a., dass

• es sich in der Regel nicht um eine Praxisbesonderheit handelt, wenn von einer Zahnarztpraxis schwerpunktmäßig Prophylaxeleistungen erbracht werden, da diese zu den Standardleistungen aller Vertragszahnärzte gehören.
• pandemiebedingte Nachholeffekte und ein damit verbundener Mehrbedarf in der Regel keine Praxisbesonderheit darstellen, da alle Zahnarztpraxen von dem pandemischen Geschehen betroffen waren; es sei denn, es treten andere, praxisspezielle Umstände (zum Beispiel eine sich zusätzlich auswirkende andersartige Patientenverteilung) hinzu.
• bei der Wahl der Prüfmaßnahme (schriftliche Beratung oder Kürzung), aber auch bei der Kürzungshöhe ein Ermessensspielraum des Prüfgremiums besteht. Dieser ist bei einem besonderen Grund bei der Wahl der Prüfmaßnahme und auch bei der Kürzungshöhe mitzuberücksichtigen. Hierzu zählt nicht nur das Bestehen einer Anfängerpraxis, sondern auch der Umstand, dass eine Praxis jahrzehntelang ohne Beanstandung abrechnete und nur in einem oder wenigen Quartalen eine Unwirtschaftlichkeit bestand.

Quelle: Dr. med. dent. Dirk Erdmann Freier Verband Deutscher Zahnärzte, Landesverband Nordrhein (FVDZ-NR) unter Bezug auf heller::kanter RECHTSANWÄLTE, Rechtsinformationen für Zahnärzte III.2023 (RI-ZÄ III/2023), mail@heller-kanter.de, www.heller-kanter.de