Zum Hauptinhalt springen

Aktuell

< Wie sieht es mit der Digitalisierung in Arztpraxen aus?
24.10.2018 10:06 Alter: 6 yrs
Kategorie: Gesundheitspolitik, Berufspolitik, GKV-Szene

LSG NRW: Strenge Anforderungen an Wahltarife einer Krankenkasse

Angebote der AOK Rheinland/Hamburg weitgehend unzulässig


Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.03.2007 hat der Gesetzgeber den Krankenkassen die Befugnis eingeräumt, in ihren Satzungen vorzusehen, dass Mitglieder für sich und ihre mitver­sicherten Angehörigen Tarife für Kostenerstattung wählen. Die beklagte AOK Rheinland/Hamburg führte daraufhin neue Tarife zur Kostenerstattung für Leistungen im Ausland, Krankenhauszuzahlung, Ein- oder Zwei-Bett-Zimmer im Krankenhaus sowie bei Zahnersatz und später für Vorsorgeleistungen zur Zahngesundheit, häusliche Krankenpflege, Brillen und kieferorthopädische Behandlungen ein.

 

Die Continentale Krankenversicherung a.G. hat daraufhin Klage mit dem Ziel erhoben, der Beklagten das Angebot dieser Versicherungsleistungen im geschäftlichen Verkehr zu untersagen. Gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Dortmund hat sie Berufung eingelegt, die weit überwiegend erfolgreich gewesen ist (Urteil vom 14.06.2018 - L 16 KR 251/14).

 

Das Landessozialgericht hat festgestellt, dass es der Beklagten nicht erlaubt ist, ihren Versicherten Versicherungsleistungen in Form der streitigen Kostenerstattungstarife für Zusatzleistungen – mit Ausnahme von Vorsorgeleistungen zur Zahngesundheit und häuslichen Krankenpflege – anzubieten. 

 

Grundsätzlich ist es den Kranken­kassen als Teil der öffentlichen Hand verwehrt, über das zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsfürsorge Gebotene und verfassungsmäßig Zulässige hinaus Leistungen zu erbringen. Mit dem Angebot ihrer Wahltarife hat die Beklagte teilweise den Rahmen des vom Gesetzgeber vorgesehenen Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung überschritten und in unzulässiger Weise in den Bereich der privaten beruflichen Betätigung Dritter zu deren Nachteil eingegriffen. Daraus folgt der Unterlassungsanspruch der Klägerin, was im Berufungsverfahren zum überwiegen­den Erfolg ihrer Klage führte.

 

Das LSG hat die Revision zugelassen.

 

Quelle: PM des LSG NRW vom 22. Oktober 2018; das komplette Urteil mit Begründung finden Sie hier

 

Entscheidung:

„Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.02.2014 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr ihren Versicherten Versicherungsleistungen in Form von Kostenerstattungstarifen für Zusatzleistungen anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wie dies in den §§ 26-29 der Satzung der Beklagten vom 01.04.2007 und in den §§ 34a-35 der Satzung der Beklagten vom 01.07.2012 jeweils in der zum 01.01.2018 in Kraft getretenen Fassung vorgesehen ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.000.000 Euro für das Berufungsverfahren festgesetzt.“