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05.06.2023 09:04 Alter: 334 days
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik

VV der KZV-NR – Die Beschlüsse

GKV-FinStG, TI-Refinanzierung und Selbstverwaltung


 

 

Die Delegierten zur Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein (KZV-NR) verabschiedeten am vergangenen Samstag (3. Juni 2023) in Düsseldorf folgende Beschlüsse:

 

Betreff:   Kein GKV-FinStG.2.0!

 

Wortlaut:

 

Die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein fordert den Gesetzgeber auf, die die Zahnärzteschaft betreffenden Regelungen im GKV-FinStG aufzuheben und zukünftig keine weiteren Kostendämpfungsinstrumente auf dem Rücken der Zahnärzteschaft einzuführen.

 

Begründung:

 

Die jahrelangen Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem haben große finanzielle Löcher hinterlassen. Diese werden nun gemäß dem GKV-FinStG bei unverändertem Leistungskatalog auf Kosten der Leistungserbringer gestopft. Dass ohne die erforderlichen Mittel notwendige Leistungen für unsere Patienten langfristig vollständig erbracht werden können, ist lebensfern, illusorisch und unzumutbar. Für begrenzte Mittel kann es nur begrenzte Leistungen geben!

 

Insbesondere die Parodontitistherapie, die durch das Gesetz mit allen anderen GKV-Leistungen der Budgetierung unterliegt, ist als präventionsorientierte Maßnahme zur Senkung des Risikos, an einer schwerwiegenden Herz-Kreislauferkrankung oder auch Diabetes zu erkranken, geeignet. Die Möglichkeit zur budgetfreien und indikationsgerechten Erbringung dieser Leistung spart auf Dauer Kosten für die GKV ein. Eine Budgetierung wirkt dem entgegen.

 

Die Gesundheitspolitik vergeudet mit der Telematikinfrastruktur Gelder für unausgereifte technische Spielereien, die so momentan weder den Patienten noch den Praxen nutzen, anstatt in das zu investieren, wofür sie ihrem Namen entsprechend stehen sollte: die Gesundheit der Versicherten. Bei unveränderter Geltung der Regelungen des GKV-FinStG und drohender Verabschiedung weiterer solcher Gesetze werden sich die durch immense Teuerungsraten nun schon massiv verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verschärfen. Diese Kostendämpfungsinstrumente werden, anders als es der Bundesgesundheitsminister Lauterbach betont, eben nicht nur für zwei Jahre als Notopfer erbracht, sondern ihre Basiswirkung wirkt sich dauerhaft auf die weitere Punktwertentwicklung aus. Die Existenz der Praxen und damit verbunden die flächendeckende Versorgung werden dauerhaft gefährdet.

 

Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig und belastet auch die Zahnarztpraxen. Die Arbeit mit Menschen für die Gesundheit der Bevölkerung muss lohnenswert sein! Die Möglichkeit, Gehaltssteigerungen wie in anderen Berufssparten zu zahlen, und so Fachpersonal zu halten, wird durch die Entscheidungen von Herrn Lauterbach untergraben.

 

Betreff:   Rückschlag bei der TI-Refinanzierung abwenden

 

Wortlaut:

 

Die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein weist den Bundesgesundheitsminister nachdrücklich darauf hin, dass es für eine Akzeptanz der Telematikinfrastruktur (TI) auf Seiten der Zahnärzteschaft erforderlich ist, neben sinnvollen Anwendungen auch eine kostendeckende Refinanzierung zu gewährleisten. Sie fordert ihn auf, dies bei der Festsetzung der neuen TI-Pauschalen ab dem 1. Juli 2023 zu gewährleisten.

 

Begründung:

 

Durch das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz wurden die Bundesmantelvertragspartner damit beauftragt, bis zum 30. April 2023 die Finanzierungsregelung der Telematikinfrastruktur im zahnärztlichen und ärztlichen Sektor grundsätzlich neu auf eine monatliche TI-Pauschale umzustellen. Scheitern die Verhandlungen, hat dies gemäß der neuen gesetzlichen Vorgabe zur Folge, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bis zum 30. Juni 2023 Zeit hat, die TI-Pauschalen selbst vorzugeben. Ein neuerlicher, nicht zu akzeptierender Eingriff in die Selbstverwaltung. Schiedsämter, die bei gescheiterten Verhandlungen tätig werden, werden einfach umgangen.

 

Die Verhandlungen scheiterten erwartungsgemäß, da die Interessenlagen der Beteiligten zu unterschiedlich sind. Gewünschte Einsparungen der Kassenseite stehen dem Interesse der (Zahn)-Ärzteschaft an einer kostendeckenden TI-Refinanzierung entgegen. Die Zielrichtung des BMG ist klar: Kosten sparen. Die Zahnärzteschaft hat bisher trotz einer sehr störungsanfälligen Technik an der Einführung der TI mitgewirkt. Dies geschah, obwohl wenig bis kein Nutzen erkennbar und eine Kostendeckung schon jetzt nicht gegeben ist sowie personelle Ressourcen gebunden werden. Dieses Engagement steht auf dem Spiel, wenn es zu weiteren finanziellen Belastungen durch die TI kommt. Die TI ist politisch gewollt – und wer TI bestellt, muss auch TI zahlen.

 

Betreff:   Stärkung und Erhalt der Selbstverwaltung

 

Wortlaut:

 

Die Vertreterversammlung fordert den Gesetzgeber auf, den KZVen und der KZBV als Interessenvertretung der Zahnärzte ihren Handlungsspielraum nicht weiter einzuengen und unserem Berufsstand, seinen Mitarbeitern und seiner Selbstverwaltung ausreichend Wertschätzung entgegenzubringen.

 

Begründung:

 

Die jüngsten Entwicklungen, zum Beispiel die gescheiterten Verhandlungen der TI-Pauschalen zwischen KZBV und Krankenkassen oder die geplante Umwandlung der gematik in eine Digitalagentur in 100%iger Trägerschaft des BMG, zeigen auf, dass die Mit- und Ausgestaltungsmöglichkeiten der KZVen und der KZBV in der Gesetzgebung durch zu knapp bemessene Zeitfenster und zu eng gefasste Handlungsspielräume immer mehr beschnitten werden oder eine Mitgestaltung gar nicht mehr ermöglichen. Die KZVen und die KZBV sind als Interessenvertretung der Zahnärzte ein wichtiges Bindeglied zwischen ihren Mitgliedern und der Gesetzgebung. Eine Politik, die die wichtige Aufgabe einer berufsständischen Organisation, im Interesse ihrer Mitglieder zu agieren und die Rahmenbedingungen für eine freie Berufsausübung der Zahnärzte zu gestalten, konterkariert und damit dem Berufsstand, seinen Mitarbeitern und seiner Selbstverwaltung mangelnde Wertschätzung entgegenbringt, ist in dieser Form nicht hinzunehmen. Sie führt zu Vertrauensverlust und Demotivation im Berufsstand.

 

Quelle: FVDZ am 3. Juni 2023