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26.03.2023 12:33 Alter: 1 year
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, GKV-Szene, Praxisfinanzen

Ärzte: Unter dem Strich ein deutliches Minus

„Pro Kalendertag Verlust von 76 Euro“


 

 

Hohe Inflation und niedrige Honorarerhöhungen – was bleibt den Praxen unter dem Strich? Ein Minus, berichtet die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: Rein rechnerisch mache jede Praxis im Schnitt 76 Euro Verlust pro Kalendertag. Mit dieser Zahl ist der Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), Dr. Frank Bergmann, am Donnerstag an die Öffentlichkeit gegangen. Er beruft sich dabei auf Berechnungen des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).

 

Demnach fehlen der ambulanten Versorgung in Deutschland alleine in diesem Jahr 2,8 Milliarden Euro – runtergerechnet bedeute dies, dass jede Praxis einen Verlust von 28.000 Euro mache. „Ein Grund dafür ist der allgemeine Preisanstieg von 8,7 Prozent“, so Bergmann am Donnerstag in Düsseldorf.

 

„Das, was wir gerade erleben, ist ein Armutszeugnis für das gesamte Gesundheitssystem. Krankenhäuser und Kliniken sollen zum Teil mit viel zusätzlichem Geld am Laufen gehalten werden. Die Praxen der Niedergelassenen, die mit Abstand den Großteil der Gesundheitsfürsorge von Patientinnen und Patienten leisten, kommen im politischen Wortschatz dieser Tage höchst selten vor“, erklärte Bergmann weiter. Die Niedergelassenen seien bereit, die Herausforderungen anzunehmen, die der demographische Wandel und der Fachkräftemangel mit sich bringe. „Aber dafür muss man auch die Rahmenbedingungen schaffen, dass dies möglich ist.

 

Steigende Personalkosten müssen gedeckt werden

 

In den Praxen seiner Kollegen in Nordrhein liege die Höhe der Aufwendungen im Normalfall sogar noch deutlich höher als der allgemeine Preisanstieg in unserem Land, berichtete Bergmann. Durch die vereinbarten Honorarsteigerungen könnten davon aber gerade einmal zwei Prozent abgefedert werden. „Das reicht nicht einmal dafür, die gestiegenen Personalkosten in den Praxen auszugleichen. Und wir wollen und müssen den wichtigen Beitrag der MFA in den Praxen angemessen honorieren. In den meisten der heutigen Praxen arbeiten nicht nur ein oder zwei Ärztinnen und Ärzte. Oft sind dort noch mehrere Kolleginnen und Kollegen angestellt – dazu kommen Medizinische Fachangestellte, die sich um die gesamte Organisation kümmern und rund um die Behandlung unterstützen. Da sprechen wir dann schon von einem kleinen bis mittelgroßen Unternehmen.

 

Auch die noch verbleibenden Honoraranteile der Niedergelassenen seien wegen der hohen Inflation immer weniger wert. „So macht 2023 jede Praxis im Schnitt 76 Euro Verlust pro Kalendertag!“ Berücksichtige man Personalnebenkosten und Arbeitszeiten, verdiene eine selbständige Kollegin oder ein Kollege in der Praxis rund 20 Prozent weniger, als würden sie als Oberärztin oder Oberarzt in der Klinik arbeiten. „Unter diesen Vorzeichen bekommen wir auf Dauer keinen Nachwuchs in unsere Praxen und das wird sich künftig noch stärker auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten auswirken. Hier muss Politik Rahmenbedingungen schaffen, die selbständige Ärztinnen und Ärzte wieder gerne und mit Zuversicht in die Selbständigkeit bringt.

 

Bergmann: Ambulante Versorgung muss finanziell aufgewertet werden – jetzt!

 

Daher müssten ganz dringend rasche Maßnahmen erfolgen: „Um die aktuellen Preissteigerungen abfedern zu können, sollten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland dringend und zeitnah 2,8 Milliarden zugeführt werden.“ Auf längere Sicht brauche es einen verbindlichen Plan, über den die strukturelle Unterfinanzierung der niedergelassenen Vertragsärzteschaft in Höhe von rund acht Milliarden Euro binnen weniger Jahre ausgeglichen werde. „Nur so können wir die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten nachhaltig sichern!“

 

Die gesetzliche Krankenversicherung kann dies auch durchaus leisten: „Bei den Krankenkassen liegen unseren Informationen nach Reserven in Höhe von über zehn Milliarden Euro. Zusätzlich befinden sich weitere zwölf Milliarden Euro im Gesundheitsfonds und wir verzeichnen einen Allzeitrekord bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Ich sehe daher keinen Grund, dass dieses für die Patientenversorgung immens wichtige Thema nicht sofort angegangen werden könnte“, lautet das Fazit des KV-Vorsitzenden. Quelle: „ärztenachrichtendienst“ („änd“) am 23. März 2023