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10.02.2023 10:52 Alter: 1 year
Kategorie: Medien & Internet, Medizinrecht

Beitrag auf anwaltlicher Homepage nicht mehr aktuell

Nachtragsanspruch kann bestehen


 

 

Bei einem nicht mehr aktuellen Beitrag auf einer anwaltlichen Homepage besteht kein Löschungs-, aber ein Nachtragsanspruch. Wenn ein Rechtsanwalt über einen erstrittenen gerichtlichen Erfolg auf seiner Homepage berichtet und diese Entscheidung später rechtskräftig aufgehoben wird, muss er diesen Bericht nicht nachträglich löschen. Auf Verlangen des Betroffenen wäre er jedoch verpflichtet, den Beitrag zu aktualisieren (Nachtragsanspruch). So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 16 U 255/21) und informierte die Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG.

 

Die Klägerin betreibt eine deutschlandweit tätige Wirtschaftsauskunftei. Der Beklagte ist Rechtsanwalt. Er erstritt im November 2020 eine einstweilige Verfügung gegen die Klägerin und berichtete im Anschluss darüber in einem Anwalts-Blog auf der Kanzlei-Webseite unter der Überschrift „Einstweilige Verfügung gegen (die Klägerin) erlassen; Zwangsmittel beantragt“. Die einstweilige Verfügung wurde nachfolgend auf Widerspruch der Klägerin hin jedoch rechtskräftig aufgehoben. Die Klägerin wendet sich gegen Äußerungen in diesem unverändert nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung verfügbaren Bericht. Das Landgericht hatte dem Unterlassungsbegehren der Klägerin stattgegeben.

 

Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Die Klägerin habe keinen Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten. Wahre Tatsachenbehauptungen – wie hier der Erlass der einstweiligen Verfügung – seien grundsätzlich hinzunehmen. Dies gelte auch, wenn sie für den Betroffenen nachteilig seien. Der Leser erkenne hier, dass der Beitrag nicht einen nach dessen Veröffentlichung aktualisierten Stand wiedergebe. Durch die zwischenzeitlich erfolgte rechtskräftige Aufhebung der einstweiligen Verfügung werde ebenfalls kein Unterlassungsanspruch begründet. Zwar könne das fortdauernde Bereithalten ursprünglich rechtmäßig veröffentlichter Berichte im Einzelfall unzulässig sein. Wenn sich die beim Ursprungsbericht bekannte und zugrunde gelegte Sachlage nachträglich ändere und deshalb die Ursprungsmeldung als unwahr oder jedenfalls in einem anderen Licht erscheinen lasse, könnten Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Wenn es zu einer nachträglichen Änderung komme, sei deshalb eine erneute Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen. Hier rechtfertigten es die Interessen der Klägerin indes nicht, dem Beklagten künftig die Berichterstattung über die aufgehobene Verfügung zu untersagen. Da der Beitrag ein kommerziell orientierter Blog sei, könnte sich der Beklagte zwar nicht darauf berufen, nicht verpflichtet zu sein, die Berichterstattung über ein einmal aufgegriffenes Thema bei neuen Entwicklungen fortzusetzen. Der geringere Verbreitungsgrad des Blogbeitrags führe allerdings auch zu einer geringeren Beeinträchtigung der Klägerin. Dem Beklagten sei zudem grundsätzlich ein anerkennenswertes Interesse zuzusprechen, gegenwärtige und potenzielle Kunden darüber zu informieren, dass ein Gericht zunächst zu Gunsten seines Mandanten entschieden habe. Eine Löschung der angegriffenen Äußerungen wäre mithin ein zu starker Eingriff in die Berufs- und Meinungsfreiheit des Beklagten. Ausreichend und verhältnismäßig wäre hier ein Nachtrag über den Fortgang des Verfahrens. Darauf hätte die Klägerin, die rüge, dass „nur die halbe Wahrheit“ berichtet werde, auch einen Anspruch gehabt. Sie hätte aber einen solchen Nachtrag auch verlangen müssen. Daran fehlte es hier jedoch. Quelle: Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG am 10. Februar 2023