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26.01.2023 13:07 Alter: 1 year
Kategorie: Gesundheitspolitik, Zahnheilkunde

Eine "Pandemie“ die bleibt

Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien


 

 

Anlässlich des Europäischen „Antibiotic Awareness Day“ hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC, European Centre for Disease Prevention and Control) Informationen zum Schutz vor antibiotikaresistenten Bakterien veröffentlicht.

 

Jährlich 35.000 Tote durch Antibiotikaresistenzen in der EU

 

Die in Stockholm ansässige Behörde erklärt, dass die gesundheitlichen Folgen der Antibiotikaresistenzen vergleichbar sind mit denen von Influenza, Tuberkulose und HIV/Aids zusammengenommen. Die World Health Organisation (WHO) zählt antimikrobielle Resistenzen beziehungsweise multiresistente Erreger (MRE) zu den zehn größten globalen Gesundheitsbedrohungen. Allein 2019 waren MRE für weltweit 1,27 Millionen Todesfälle direkt verantwortlich und mit weiteren 3,68 Millionen zumindest assoziiert. Im Gegensatz zur Bedeutung dieses Problems ist das Wissen zu diesem Thema eher gering. Seit Januar 2022 haben das EU-Parlament und die Europäische Kommission eine gemeinsame Webseite, auf der alle Umfragen der EU seit 1974 nachzulesen sind. Im November 2022 wurde hier eine aktuelle Umfrage zum Thema „Antimikrobielle Resistenz“ veröffentlicht. Die Ergebnisse von europaweit 26.511 Interviews machen deutlich, dass dringend weitere Aufklärung notwendig ist:

 

Nur 50 % der EU-Bürger wissen, dass Antibiotika nicht gegen Viren helfen.

 

Wie sieht es in der Zahnmedizin aus? Hier sind die Indikationen einer systemischen Antibiotikagabe stark begrenzt. Bei Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko (nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder bei Patienten mit Herzpass) wird eine perioperative Antibiotikaprophylaxe (PEP) vor invasiven zahnärztlichen oder oralchirurgischen Eingriffen empfohlen, um postoperativen Komplikationen entgegenzuwirken:  Eine antibiotische Abschirmung während und nach Radiatio oder Bisphosphonatgabe ist obligat. Zudem wird von der Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) für alle Patienten bei Augmentation und orthognather Chirurgie eine perioperative Antibiotikaprophylaxe angeraten. Trotz der relativ wenigen Indikationen für eine Antibiotikagabe in der Zahnmedizin ermittelte das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO):

 

Knapp 13 Prozent des gesamten Antibiotikaverbrauchs im GKV-Bereich entfallen auf die Zahnmedizin

 

Besonders hoch ist die Verordnung von Antibiotika im Notdienst und erfolgt dort oft ohne eine begleitende kausale zahnärztliche Intervention. Hier besteht Verbesserungs­­­potential, damit auch in Zukunft Antibiotika als wirksames Therapieinstrument erhalten bleiben. Zunächst sollte immer erst die zahnärztliche Behandlung des verursachenden Zahnes erfolgen. In der S3-Leitlinie „Odontogene Infektionen“ hat die DGZMK entsprechende Behandlungsempfehlungen herausgegeben. Trepanation und eine anschließende endodontische Versorgung ist die Therapie der Wahl, gegebenenfalls gefolgt von einer Wurzelspitzenresektion.

 

Darauf muss bei einer Antibiotikagabe geachtet werden

 

Eine systemische adjuvante Antibiotikagabe ist erst bei Anzeichen einer Ausbreitung der Infektion oder einer systemischen Beteiligung gerechtfertigt. Ist keine Ausbreitungstendenz gegeben, ist auch keine antibiotische Therapie indiziert. Bei positiver Indikation sollte stets das effektivste und verträglichste Präparat eingesetzt werden, etwa Amoxicillin oder Penicillin. Im ambulant-zahnärztlichen Bereich wird jedoch noch häufig das als Ausweichpräparat geltende und mit zunehmenden Resistenzen behaftete Clindamycin eingesetzt. Clindamycin ist das Mittel der zweiten Wahl und nur Reserveantibiotikum bei Penicillinallergie. Ein Grund hierfür liegt in seinem ausgeprägten Nebenwirkungsprofil. Es umfasst Haut-/Schleimhautreaktionen, Störungen des ZNS und in jedem fünften Fall gastrointestinale Beschwerden.

 

Unangefochten führt Clindamycin seit Jahren – als Präparat mit den meisten Nebenwirkungsmeldungen überhaupt- die Statistik der Unerwünschten Arzneimittelwirkung (UAW) der Arzneimittelkommission der Bundeszahnärztekammer an. Quelle: Zahnärztekammer Nordrhein am 26. Januar 2023; Veröffentlichung auf der Plattform „Dentists4Dentists“