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07.01.2023 11:09 Alter: 1 year
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, Praxisfinanzen, Praxismanagement, Privates Gebührenrecht

BÄK schickt komplette GOÄ an das Ministerium

Bericht des „ärztenachrichtendienstes“ (änd)


 

 

Nach langen Diskussionen um die neue GOÄ will die Bundesärztekammer die Sache nun offenbar endlich ins Rollen bringen: Sie hat eine komplette Version des neuen Honorarregelwerks mit der Bitte um Umsetzung an das Ministerium geschickt – und zwar als „arzteigene Bewertungsversion“. Dies geht aus einem Schreiben der Kammer an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hervor, das dem änd vorliegt.

 

In einem Brief an den Minister betont Kammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt, dass eine Reform überfällig sei. Die Gebührenordnungen bei Zahnärzten, Architekten oder Rechtsanwälten seien längst an Kostenentwicklungen angepasst worden. Vor diesem Hintergrund sei es Ärztinnen und Ärzten nicht mehr vermittelbar, „dass sie seit mehr als 25 Jahren auf Grundlage derselben veralteten Leistungslegendierung sowie – noch verschärft durch die aktuelle Inflation – auf der Basis nicht mehr angemessener Vergütungssätze arbeiten“, schreibt Reinhardt. Dem in der Bundesärzteordnung der Bundesregierung erteilten Auftrag, bei der Gebührenordnung sowohl den berechtigten Interessen der Ärztinnen und Ärzte als auch der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung zu tragen, komme die aktuelle GOÄ nicht mehr nach. Trotzdem hätten weder Lauterbach noch seine Amtsvorgänger ernsthafte Schritte unternommen, diese unhaltbaren Zustände im Bereich der Vergütung privatärztlicher Leistungen zu beenden.

 

Auch wenn eine Novelle der GOÄ ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Verordnungsgebers falle, sei die Ärzteschaft in Vorleistung gegangen und habe in den vergangenen Jahren mit ärztlichen Berufsverbänden und Fachgesellschaften und dem Verband der Privaten Krankenversicherung einen in wesentlichen Teilbereichen abgestimmten Entwurf einer neuen GOÄ erarbeitet. Nun übermittle die Bundesärztekammer – auch in Umsetzung des Beschlusses Ic-137 „Gebührenordnung für Ärzte jetzt umsetzen“ des letzten Deutschen Ärztetages 2022 in Bremen – eine Bewertungsversion der GOÄneu mit von der Ärzteschaft betriebswirtschaftlich kalkulierten Bewertungen an das Ministerium.

 

Bewertungen "rein ärztlicherseits"

 

„Durch den genannten Ärztetagsbeschluss wurde die Bundesärztekammer aufgefordert, bis spätestens 31.12.2022 das bereits ausgehandelte und mit dem PKV-Verband sowie der Beihilfe konsentierte Leistungsverzeichnis der GOÄneu inklusive der betriebswirtschaftlichen Bewertungen (konsentiert oder ärztlicherseits ermittelt) dem Bundesgesundheitsminister zu übergeben. Diese Bewertungsversion des GOÄneu-Entwurfes beinhaltet die zunächst rein ärztlicherseits in einem aufwändigen Bewertungsverfahren mit 394 Fachexperten aus 165 ärztlichen Berufsverbänden und wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften auf Grundlage eines betriebswirtschaftlichen Modells ermittelten Bewertungen zum konsentierten Leistungsverzeichnis“, erläutert Reihardt. Diese Bewertungsversion sei zu dem vom Deutschen Ärztetag gesetzten Stichtag (31.12.2022) noch nicht mit der Kostenerstatterseite konsentiert. Die Bundesärztekammer sei jedoch bereit, den gemeinsam eingeschlagenen Weg der Validierung und Folgenabschätzung im Hinblick auf den Preiseffekt des GOÄneu- Entwurfes weiter zu beschreiten. PKV-Verband und Bundesärztekammer seien gleichermaßen unverändert der festen Überzeugung, dass eine Novellierung der GOÄ dringend erforderlich ist.

 

9,25% über dem Volumen von 2017

 

Die bisherige BÄK-seitige Folgenabschätzung in Bezug auf den bereits durchgeführten Testbetrieb ergebe eine erwartete Ausgabensteigerung für PKV und Beihilfe iHv. +9,25 % gegenüber dem Ausgabenvolumen für das Jahr 2017, heißt es weiter. Das sei im Vergleich mit den Gebührenodrungen anderer Berufsgruppen eine moderate Anpassung. Im Jahr 2016 habe der PKV-Verband als Konsens für die finanziellen Auswirkungen einer neuen GOÄ eine Ausgabensteigerung der privaten Krankenversicherungen und der Beihilfekostenträger von +5,8 % (+/- 0,6 %) für die ersten drei Jahre nach Inkraftsetzung der neuen GOÄ als sachgerecht angesehen. „Dieser damals vereinbarte Korridor muss insbesondere vor dem Hintergrund stark steigender Lohnkosten aufgrund von Tariflohnabschlüssen, des Anstiegs der Energiekosten sowie der oftmals indexabhängigen Mietkosten noch an die Kostenstrukturen von 2022 angepasst und demnach angehoben werden. Denn der GOÄneu-Entwurf soll die Wirtschaftlichkeit der Behandlungen für die Ärzteschaft sichern, und gleichzeitig sollen die Kosten für die Patientinnen und Patienten bzw. Versicherten kalkulierbar bleiben.“

 

BÄK will nun stärker über Abdingungen informieren

 

Neben der Bitte, die Novellierung der GOÄ rasch umzusetzen, informiert Reinhardt das Ministerium auch über die in den nächsten Wochen folgenden – und auf dem Ärztetag vereinbarten – Schritte: Der Deutsche Ärztetag 2022 habe die Bundesärztekammer aufgefordert, die Ärzteschaft über die rechtskonforme Möglichkeit der Anwendung besonderer Honorarvereinbarungen (sog. Abdingung) mit höheren Steigerungsfaktoren als dem 2,3-fachen Regelsteigerungssatz nachhaltig zu informieren, sollte der Verordnungsgeber die GOÄneu nicht bis zum 31.12.2022 in Kraft setzen. „Aufgrund dieser Beschlusslage wird die Bundesärztekammer (möglichst gemeinsam mit dem PKV-Verband) und den beteiligten Landesärztekammern zu Beginn des neuen Jahres die Ärzteschaft im geltenden Rechtsrahmen über die Modalitäten von sog. Abdingungen unterrichten und die Ärztinnen und Ärzte im Zusammenhang mit besonderen Honorarvereinbarungen unterstützen. Solche Abdingungen werden insbesondere für einzelne Gesprächs-, persönliche Untersuchungs- und andere zuwendungsintensive Arztleistungen in Erwägung gezogen“, kündigt Reinhardt an.

 

Die neue GOÄ sei unter der Prämisse des Fortbestandes des dualen Krankenvollversicherungssystems konzipiert worden, betont der Kammerpräsident in Richtung Lauterbach. „Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projektes wird dem Gesundheitssystem für den privatärztlichen Bereich ein neues, zeitgemäßes und empirisch validiertes Abrechnungssystem zur Verfügung stehen, welches den Patientinnen und Patienten eine leistungsstarke und innovationsfreundliche Versorgung, den Ärztinnen und Ärzten als Vertreter eines freien Berufes eine angemessene und leistungsgerechte Vergütung sowie den Krankenversicherungen einen stabilen und verlässlichen Kalkulationsrahmen zusichert.“ Alle Beteiligten dieses Projektes – Ärzteschaft, Krankenversicherungen und Beihilfe – erwarteten von der Bundesregierung nun eine zügige Umsetzung der Novelle im Rahmen eines förmlichen Verordnungsverfahrens. Die GOÄ ist dem Ministerium laut BÄK elektronisch zugestellt worden. Nach Informationen des änd sind Ärzteverbände von der Kammer zu einem Treffen am 17. Januar eigeladen worden. Dort sollen nähere Informationen zu den Ergebnissen des GOÄneu-Testbetriebs diskutiert werden. Quelle: ärztenachrichtendienst am 7. Januar 2023