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27.11.2022 16:10 Alter: 1 year
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, Praxisfinanzen

Kammerversammlung Nordrhein

RESOLUTION und BESCHLÜSSE


 

 

Nachfolgend veröffentlichen wir eine Resolution der Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein, die gestern (am Samstag, den 26. November 2022) von den 103 anwesenden Delegierten einstimmig auf ihrer Sitzung in Düsseldorf verabschiedet wurde:

 

Headline:                Resolution: Zahnmedizin fordert Respekt ein

 

Wortlaut:

 

Die deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte haben während der Pandemie zusammen mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen bewiesen, dass sie jederzeit ihre Patienten versorgt und sämtliche Behandlungen auch unter schwierigsten Bedingungen erbracht haben. Kein anderer Berufsstand kommt bei jedem Patientenkontakt so nah mit dem Patienten und speziell mit dessen Mund und der Nase in Berührung wie Zahnärztinnen und Zahnärzte, deshalb sind sie seit jeher mit umfangreichen Hygienemaßnahmen bestens vertraut.

 

Gedankt wurde es unserem Berufsstand

 

  • vom Finanzminister durch Blockade einer Anpassung des Punktwerts in der GOZ,
  • vom Gesundheitsminister durch Budgetierung und Sparen an der falschen Stelle, sowie durch Wegschauen bei investorgetragenen MVZs in Medizin und Zahnmedizin,
  • von den meisten Politikern in Berlin ganz schlicht durch Ignoranz wider besseres Wissen.

 

Galoppierende Inflation und stark steigende Energiepreise gefährden die Zahnarztpraxen genauso wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen. Fehlende Fachkräfte, Preisanstieg, Aufbau statt Abbau von Bürokratie – das alles können die Zahnärztinnen und Zahnärzte nicht bewältigen ohne eine leistungsgerechte Honorierung mit Inflationsausgleich – die fordern wir selbstbewusst ein, in der privaten und in der gesetzlichen Krankenversorgung.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert selbstbewusst

 

  • ein Moratorium zum Bürokratieabbau durch konkrete Abbauvorschläge für die Bereiche Praxisführung, Strahlenschutz und Datenschutz,
  • eine leistungsgerechte und dynamisierte Gebührenerhöhung beim Punktwert der GOZ, - und für die GKV ein Ende aller Budgetierungen solange Behandlungsbedarf besteht,
  • den Schutz der Patienten und der Praxen vor investorgeführten MVZ s
  • und damit die Voraussetzungen zur Gewinnung und Bezahlung unserer Fachkräfte in der Patientenversorgung.

 

Begründung:

 

Die deutschen Zahnärztinnen und Zahnärzte leisten hervorragende Arbeit bei der präventionsorientierten Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten. Damit das auch in Zukunft so bleibt, brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen und langfristige, tragfähige Lösungen. Es ist unverantwortlich von der Politik den Fokus nicht auf den Erhalt der ambulanten zahnmedizinischen Versorgung zu legen, es schadet der Mundgesundheit und der Allgemeingesundheit der Patientinnen und Patienten.

 

Headline:               Das Maß ist voll! – Forderung nach Korrektur des GKV-FinStG

 

Wortlaut:

 

Das Maß ist voll, die Grenze des Erträglichen ist für die Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland, die ihren Patienten gegenüber in der Verantwortung stehen, überschritten! Für die Mund- und Allgemeingesundheit in Deutschland ist der 20.10.2022, mit dem Beschluss des Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG), ein rabenschwarzer Tag. Der Anteil der Ausgaben für die zahnmedizinische Versorgung der Bevölkerung an den Gesamtausgaben der GKV fällt seit vielen Jahren. Trotzdem erfolgen hier faktische Leistungskürzungen. Mit der Gesundheit von Patientinnen und Patienten spielt man nicht.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein:

 

  1. kritisiert die mit dem GKV-FinStG faktisch eingeführte Leistungskürzung der neu eingeführten Leistungen im Bereich der präventionsorientierten Parodontitis-Therapie als nicht hinnehmbar.
  2. merkt an, dass die Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, es wird zu keinen Leistungskürzungen kommen, vor und auch noch nach Beschlussfassung des GKV-FinStG sich als nicht haltbare bunte Schönfärberei herausstellte.

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert dringend eine nachträgliche Korrektur des GKV-FinStG und Bereitstellung der notwendigen Finanzmittel für alle Patienten.

 

Begründung:

 

Der vom Bundesgesundheitsministerium und vom Minister Karl Lauterbach vorgelegte und vom Kabinett am 20.10.2022 beschlossene Gesetzesentwurf zum Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) schränkt die zahnmedizinische Versorgung der Patienten massiv ein und gefährdet ihre Mundgesundheit. Mit der im Gesetz enthaltenen strikten Budgetierung für 2023 und 2024 werden der Versorgung die erst kürzlich zugesagten Mittel für die neue, präventionsorientierte Parodontitis-Therapie wieder entzogen. Fast alle der rund 30 Millionen Patientinnen und Patienten, die an der Volkskrankheit Parodontitis leiden, werden damit faktisch eines Leistungsanspruches beraubt, der erst im Vorjahr in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen und von allen Beteiligten als ein Meilenstein für die Mund- und Allgemeingesundheit begrüßt wurde. Durch die im Bundestag auf den letzten Metern eingebrachten Änderungen der Koalition werden alleine die Finanzmittel für die Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung zur Verfügung gestellt.

 

Parodontitis steht im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes und stellt zugleich ein Risiko für Schwangere, demenziell erkrankte Patienten sowie für schwere Verläufe bei Infektionen mit dem Coronavirus dar. Mit diesem Gesetz verschließt die Ampel wissentlich die Augen vor den gesundheitlichen Folgen für unsere Patienten und wirft gleichzeitig die von ihr gepredigten Prinzipien von Nachhaltigkeit und Prävention in der Gesundheitsversorgung vollständig über Bord. Dieses Gesetz gefährdet die Gesundheit der Patienten und ist verantwortungslos.

 

Headline:                Finanzielle Unterstützung auch für ambulante Zahnarztpraxen zum Ausgleich der Energiekosten

 

Wortlaut:

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein ist empört über die offensichtliche Schlechterstellung der ambulant tätigen Zahnärzteschaft gegenüber anderen Leistungsträgern und Versorgungsanbietern im deutschen Gesundheitswesen. Inflation und explodierende Energiekosten treffen auch die zahnärztlichen Praxen. Finanzielle Unterstützung zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen zahnmedizinischen Versorgung sind nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch für die ambulanten Praxen zwingend notwendig. Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert von der Bundesregierung eine finanzielle Unterstützung im erforderlichen Maß zur Sicherung und Aufrechterhaltung der zahnmedizinischen Versorgung.

 

 

 

Headline:                                Folgen der EU-MDR für den Dentalmarkt

 

Wortlaut:

 

Die Kammerversammlung der Zahnärztekammer Nordrhein fordert die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) als für die Benennung und Überwachung der Benannten Stellen in Deutschland verantwortliche Behörde auf, die Benannten Stellen anzuweisen, Rezertifizierungen entsprechend der Risikoklasse der Medizinprodukte abzuarbeiten. Solange für die Mitwirkung der Benannten Stellen bei der Konformitätsbewertung für Produkte der Risikoklassen I und IIa (geringes und mittleres Risiko) keine Kapazitäten zur Verfügung stehen, müssen hier die Hersteller in die Pflicht genommen werden.

 

Herstellern, die über ein Qualitätsmanagementsystem und ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance Report (PMS-Report) sowie Periodic Safety Update Report (PSUR)) verfügen, sollte es ermöglicht werden, in einem eigenverantwortlichen Verfahren eine Konformitätsbewertung für ihre Produkte, die in die Risikoklassen I und IIa eingestuft sind, zu dokumentieren und somit die Frist zur nächsten Rezertifizierung unter Mitwirkung einer Benannten Stelle einmalig um 3 Jahre zu verlängern.

 

Begründung:

 

Im EU-MDR Artikel 120 Übergangsbestimmungen heißt es: (2)

 

Bescheinigungen, die von Benannten Stellen nach dem 25. Mai 2017 gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ausgestellt werden, behalten ihre Gültigkeit bis zum Ende des darin angegebenen Zeitraums, der fünf Jahre ab der Ausstellung nicht überschreiten darf. Sie verlieren jedoch spätestens am 27. Mai 2024 ihre Gültigkeit. Dies betrifft auch viele Dentalprodukte. Ohne Rezertifizierung dürften diese Medizinprodukte ab Mai 2024 in der EU nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Gleichzeitig gibt es noch immer nicht genügend Benannte Stellen, die nach den Vorgaben des neuen MDR arbeiten und die die Rezertifizierung in der verbleibenden Zeit durchführen können (Zertifizierungsstau). Zudem ziehen sich die Konformitätsbewertungsverfahren deutlich in die Länge, da der neue Rechtsrahmen eine intensivere Prüfung notwendig macht. Aktuell dauern die Verfahren 18 Monate. Die Medizinproduktehersteller beklagen schließlich, dass die Benannten Stellen oftmals Anträge gar nicht annehmen und auf diese Weise bestimmte Produkte zwangsläufig vom Markt genommen werden müssten. Nach Angaben des VDDI (Verband der Deutschen Dental-Industrie e.V.) sind bis Sommer 2022 nur 15% aller Bestandsmedizinprodukte nach den Vorgaben des neuen MDR-Rechtsrahmens rezertifiziert. Es ist absehbar, dass sich die Situation bis Mai 2024 nicht entscheidend verbessern wird. Es muss damit gerechnet werden, dass aufgrund der gestiegenen Kosten für die Rezertifizierung sowie der gestiegenen Anforderungen an die klinische Bewertung insbesondere für Nischenprodukte viele Hersteller keine Rezertifizierung beantragen werden. EUROM, der Dachverband der europäischen Medizintechnikhersteller, hat die Zahnmedizin als das Anwendungsgebiet identifiziert, in dem die meisten Einstellungen von Produkten (bis zu 80%) zu befürchten ist.

 

Headline:                Patientensicherheit in Zahnkosmetikstudios

 

Wortlaut:

 

Die Delegierten der Zahnärztekammer Nordrhein fordern die zuständigen Ordnungsbehörden (z.B. Gesundheitsämter, Gewerbeaufsichtsämter) auf, den Betrieb von sogenannten Zahnkosmetikstudios, so sie Zahnheilkunde (z.B. Bleaching, PZR) betreiben, zum Schutze der Patientinnen und Patienten zu unterbinden und die bestehenden gesetzlichen Regelungen dringend zur Anwendung zu bringen.

 

Begründung:

 

Im Zahnheilkundegesetzwird festgehalten, dass das Feststellen und Behandeln von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten ausschließlich approbierten Zahnärztinnen und Zahnärzten vorbehalten ist. Diese entscheiden im Einzelfall, ob Behandlungen unter ihrer Aufsicht an entsprechend ausgebildetes Fachpersonal gemäß dem Zahnheilkundegesetz und den einschlägigen Regelungen des Berufsrechts delegiert werden können, wobei die Verantwortung für die erforderliche Behandlung stets beim Zahnarzt verbleibt. In „Zahnkosmetikstudios“ werden beispielsweise Zahnreinigungen und Bleaching ohne zahnärztliche Aufsicht angeboten. Nicht selten sind fachfremde Absolventinnen und Absolventen von Kosmetikschulen die Anbieter. Die Zahnkosmetikerinnen deklarieren ihre Behandlungen als „kosmetische Zahnreinigungen " und „eu-konformes Bleaching". Sowohl Zahnreinigungen als auch Zahnaufhellungen sind in fachlicher Hinsicht jedoch nur sinnvoll und effektiv durchzuführen, wenn Arbeits- und Bleichmittel verwendet und Leistungen erbracht werden, die dem approbierten Zahnarzt vorbehalten sind.

 

Quellen: adp®-medien (agentur & verlag), FVDZ Nordrhein; geändert am 28. November 2022 um 11:45 Uhr