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15.09.2022 08:41 Alter: 2 yrs
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, GKV-Szene, Praxisfinanzen

Arzthonorare: Zwei Prozent brutto plus

KBV und Verbände: „Bittere Enttäuschung“


 

 

Die Vergütungen für Praxisärzte – durch den sog. „Orientierungswert“ – sollen im kommenden Jahr um zwei Prozent steigen. Das entspricht etwa einem Zuwachs von 780 Millionen Euro. Im Durchschnitt erhält jeder niedergelassene Arzt somit 11.000 Euro zusätzlich an Honorar. Der Schiedsspruch fiel gestern in der dritten Runde der Honorargespräche zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband im Erweiterten Bewertungsausschuss (EBA) gegen das Votum der Ärzteschaft. Sie bezeichneten das Abstimmungsergebnis als "bittere Enttäuschung".

 

Äußerst kritisch äußerte sich der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa): „Das bekannt gewordene Ergebnis ist ein Schlag ins Gesicht der Versorgerpraxen. Themen wie die aktuelle Entwicklung von Inflation, Preissteigerungen bei Energie und Personal werden so nicht adäquat abgebildet. So zieht man den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sinnbildlich den Stecker für die Versorgung der Bevölkerung in Deutschland“, sagte SpiFa-Hauptgeschäftsführer Robert Schneider auf Anfrage der „Ärzte Zeitung“. Die Erhöhung entspreche einem zusätzlichen Honorar von ca. 780 Millionen Euro, so die Berechnungen des Spitzenverbands der Krankenkassen. „Weitere Vergütungselemente, wie zum Beispiel die Morbiditätsveränderung der Versicherten, neue Leistungen und der Mengenanstieg im Bereich der extrabudgetären Leistungen, führen insgesamt zu einer Erhöhung der vertragsärztlichen Vergütung im nächsten Jahr von voraussichtlich über 1,4 Milliarden Euro“, heißt es weiter.

 

„Ein Plus von zwei Prozent beim Orientierungswert ist viel zu wenig und deckt nichts an Kosten adäquat ab“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender. „Es geht um den Erhalt der Struktur der ambulanten Versorgung und um die Finanzierung von Leistungen für die Gemeinschaft der über 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. Vor diesem Hintergrund war das heute eine bittere Enttäuschung“, erklärte Hofmeister.

 

Die Krankenkassen hatten dagegen in den Tagen vor der entscheidenden Sitzung argumentiert, dass die wirtschaftliche Situation niedergelassener Ärztinnen und Ärzte besser denn je sei. So seien deren Einnahmen durch die Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2020 um 2,1 Milliarden Euro auf 42,9 Milliarden Euro gestiegen. Durch Impfungen seien je Praxisinhaber im Jahr 2021 durchschnittlich ein zusätzlicher Überschuss von ca. 17.200 Euro erwirtschaftet worden. Ärzteverbände hatten diese Argumentation allerdings scharf zurückgewiesen.

 

„Wir haben deutlich auf die aktuelle finanzielle Situation der Praxen hingewiesen, die insbesondere unter dem diesjährigen hohen Inflationsdruck leiden“, betonte die KBV. Doch der Erweiterte Bewertungsausschuss sei nicht von der Systematik, dass jeweils die Kostenentwicklung des Vorjahres betrachtet werde, abgewichen. Dadurch könnten die aktuellen Preissteigerungen erst bei den Verhandlungen im kommenden Jahr für den Orientierungswert 2024 berücksichtigt werden, fuhr Gassen fort. Für die Praxen sei das eine Katastrophe. Sie hätten bereits dieses Jahr mit deutlich höheren Kosten insbesondere im Bereich der Energie, aber auch beim Personal zu kämpfen.

 

KBV fordert Energiekostenausgleich

 

Gassen kündigte an, dass die KBV nach dem heutigen Beschluss nicht lockerlassen werde und einen Energiekostenausgleich fordern werde. „Wir werden auf die Kassen zugehen und schauen, ob wir hier eine Lösung finden, auch gegebenenfalls unter Zuhilfenahme des Wirtschaftsministeriums.“ Es gehe schließlich um eine kritische Infrastruktur, die durch die massiv explodierenden Energiekosten gefährdet sei und wie andere Bereiche dringend einen Ausgleich benötige. Quellen: „Ärzte Zeitung“; „Ärzteblatt“; KBV am 15. September 2022