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01.07.2018 08:54 Alter: 6 yrs
Kategorie: Medizinrecht, GKV-Szene

Abgrenzung zwischen Aufklärungsfehler und Befunderhebungsfehler

Arzthaftungsrecht


Information der Kanzlei heller::kanter Rechtsanwälte:

 

Aufgrund eines festgestellten Befunderhebungsfehlers wurde eine kinderärztliche BAG durch Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.05.2018, Az. 7 U 32/17) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 70.000,00 Euro nebst Schadenersatz verpflichtet.

 

Das Gericht befasste sich mit der Abgrenzung eines Befunderhebungs- von einem Aufklärungsfehler. Nach den Entscheidungs-gründen bedeutet das Unterlassen der Wiedereinbestellung eines Patienten zu einer medizinisch gebotenen weiteren Diagnostik nicht nur einen Verstoß gegen die Pflicht zur therapeutischen Aufklärung. Es kann auch einen Befunderhebungsfehler darstellen.

 

Nach den Feststellungen des Sachverständigen hatte es der behandelnde Arzt sorgfalts-widrig unterlassen, hinreichend der Frage nachzugehen, ob bei dem klagenden Kind die Differenzialdiagnose einer septischen Arthritis zu stellen war und die dann gebotenen Befunde rechtzeitig vollständig zu erheben oder die Einweisung in eine Klinik zur weiteren Befunderhebung zu veranlassen. Unterbleibt der gebotene Rat zu einer zweifelsfrei oder medizinisch gebotenen diagnostischen Maßnahme, ist das hierin liegende Unterlassen regelmäßig als Befunderhebungsfehler zu behandeln. Unterlässt es dagegen der Arzt nur, den Patienten auf die Dringlichkeit der – ihm ansonsten zutreffend empfohlenen – medizinisch gebotenen Maßnahme hinzuweisen und ihn vor dem Risiko zu warnen, dass er im Falle des Unterbleibens eingeht, liegt ein – regelmäßig nicht als grober Behandlungsfehler zu qualifizierender – Verstoß gegen die Pflicht zur therapeutischen Aufklärung (Sicherungsaufklärung) des Patienten vor. In diesen Fällen liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit des ärztlichen Fehlverhaltens regelmäßig nicht in einer unterlassenen Befunderhebung als solcher, sondern in dem Unterlassen von Warnhinweisen (Aufklärungsfehler).

 

Im Streitfall hatte der behandelnde Arzt es unterlassen, die noch am Nachmittag des Untersuchungstags zur weiteren Diagnostik medizinisch gebotene Wiedervorstellung des Kindes zu veranlassen. Damit liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit nicht in dem Unterlassen von Warnhinweisen bei zutreffender Information über die medizinisch gebotene Maßnahme, sondern in der nicht rechtzeitigen Befunderhebung, die mit einer Wiedereinbestellung der Klägerin noch auf den Nachmittag desselben Tages zur weiteren diagnostischen Abklärung erforderlich gewesen wäre.

 

Der Partner der BAG haftete aufgrund gesetzlicher Vorschriften mit.

 

Anmerkung:

In den Urteilsgründen wurden Mängel der Vorinstanz bei der Einhaltung der Verpflichtung beanstandet, Ausführungen des Sachverständigen von Amts wegen zu überprüfen.

 

Quelle: heller::kanter Rechtsanwälte; RI-ZÄ II.2018; Rechtsinformationen für Zahnärzte; Gustav-Heinemann-Ufer 56 · 50968 Köln · mail@heller-kanter.de · www.heller-kanter.de