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17.11.2020 10:59 Alter: 3 yrs
Kategorie: Medizinrecht

Unvollständige Angaben bei Versicherungsantrag

Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung erfolgreich


 

 

Fragt ein privater Versicherer bei der Antragstellung nach Beschwerden beziehungsweise Krankheiten der Wirbelsäule, sind Rückenschmerzen auch dann anzugeben, wenn sie muskulär bedingt sind und der Antragsteller sie für geringfügig hält. Das hat das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 26. Oktober 2020 entschieden (4 U 1059/20):

 

Leitsatz:

 

  1. Gesundheitsbeeinträchtigungen sind jedenfalls dann nicht mehr als offenkundig belanglos anzusehen, wenn sie zu einer längeren Krankschreibung und mehrwöchigen Behandlung mit Physiotherapie führen. Sie sind daher in einem Versicherungsantrag auch dann anzugeben, wenn der Antragsteller sie selbst für geringfügig hält.
  2. Fragt der Versicherer nach Beschwerden bzw. Krankheiten der Wirbelsäule, sind Rückenschmerzen auch dann anzugeben, wenn ihnen muskuläre Probleme zugrunde liegen.

 

OLG Dresden, 4. Zivilsenat, Beschluss vom 26. Oktober 2020, Az.: 4 U 1059/20

 

Gründe:

 

Die zulässige Berufung des Klägers ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom18.09.2020 Bezug. Zu einer Abänderung seiner bereits geäußerten Rechtsauffassung geben auch die Ausführungen im klägerischen Schriftsatz vom 19.10.2020 keinen hinreichenden Anlass.

 

Hinsichtlich der Beschwerden des Handgelenks und der Schulter räumt der Kläger nunmehr ein, die diesbezüglichen Fragen objektiv unzutreffend beantwortet zu haben. Entgegen der Ansicht der Berufung hätte sich dem Kläger angesichts der umfassenden Fragestellung, der vorangestellten Hinweise, der Notwendigkeit länger andauernden Behandlungen mit dafür erforderlichen Krankschreibungen und auch im Hinblick auf die ausgeübte Berufstätigkeit aufdrängen müssen, dass die Beschwerden hätten angegeben werden müssen. Das Verschweigen belegt indiziell die Annahme einer arglistigen Täuschungauch wenn die Beschwerden in der Wahrnehmung des Klägers nicht relevant gewesen sind, denn er hätte erkennen können und müssen, dass sie für die Entscheidung der Beklagten über die Annahme des Versicherungsantrages erheblich waren und die Beklagte bei wahrheitsgemäßer Angabe den Vertrag nicht bzw. nicht ohne Ausschlussklauseln abgeschlossen hätte. Da allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, bleibt es für die Beurteilung des Täuschungsvorsatzes ohne Belang, ob die Beschwerden später wiedergekehrt sind.

 

Die unterlassene Angabe der Hand-, Handgelenks- und Schulterbeschwerden ist bereits für sich genommen ausreichend, von einem Anfechtungsrecht der Beklagten auszugehen. Angesichts der weiterhin unterlassenen bzw. unzutreffenden Angaben zu der Schilddrüsenerkrankung, den aufgetretenen Rückenbeschwerden und zu einer mehrwöchigen Krankschreibung wegen psychischer Überforderung bzw. einer depressiven Episode im Zusammenhang mit der Erkrankung seiner Ehefrau ist in der Gesamtwürdigung der Umstände daher die Feststellung des Landgerichts nicht zu beanstanden, der Kläger habe sich bei Antragstellung bewusst als gesund dargestellt und aufgetretene Beschwerden heruntergespielt, um so Versicherungsschutz zu erhalten. […]

 

Quelle: OLG Dresden, Beschluss vom 26. Oktober 2020, Az.: s.o.