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02.10.2020 09:47 Alter: 4 yrs
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, GKV-Szene, Medien & Internet

"Das ist keine Digitalisierung, die wir wollen"

KBV und KVen verabschieden Resolution


 

 

Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen fordern die Vorstände der KBV und der Kassenärztlichen Vereinigungen ein rigoroses Umdenken. In einer Resolution prangern sie die ständigen Pannen in der Telematikinfrastruktur an und nehmen den Staat bei der Finanzierung in die Pflicht. Analog zur Bundesautobahn sei der Betrieb der Dateninfrastruktur Aufgabe des Staates und nicht dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen, stellen die Vorstände in der kürzlich verabschiedeten Resolution klar. Der Staat habe den Ärzten und Psychotherapeuten die technischen Komponenten beziehungsweise Softwarelösungen für die Telematikinfrastruktur kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Daher müssten den Niedergelassenen die Aufwände für die Digitalisierung erstattet werden.

 

Kein Mehrwert für Praxen erkennbar

 

Deutliche Worte findet auch der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister: Das, was derzeit an Digitalisierung laufe, sei in den Praxen ohne erkennbaren Mehrwert, kritisierte er heute in einem Video-Interview und fügte hinzu: „Das ist der Punkt, wo wir jetzt deutlich sagen müssen: So geht das nicht. Das ist keine Digitalisierung, wie wir sie wollen.“ Gut funktionierende Prozesse in der Versorgung von Patienten könnten gerne digitalisiert werden, sagte der KBV-Vizechef. Doch wenn beispielsweise das digitale Rezept darin bestehe, dass jetzt anstelle eines rosa Rezepts, bedruckt mit den Arzneimitteln, ein Zettel mit einem Barcode oder mit einem QR-Code ausgedruckt werde, „dann ist das ein Witz und keine Digitalisierung“.

 

Kriedel prangert Marktsituation an

 

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel sieht in der derzeitigen Marktsituation ein Problem. Es gebe „im eigentlichen Sinne keinen Markt“, sagte er in einem weiteren Video-Interview. Da nur kleine Stückzahlen abzusetzen seien, gebe es auch nur wenige Hersteller, sodass „der Arzt, das Krankenhaus, wer auch immer keine Auswahl“ habe. Das führe „quasi zu Monopolsituationen“ und dazu, dass die Preise von den wenigen Herstellern gesetzt würden. Für die Praxen bedeute das, dass sie „mehr oder weniger ihren PVS-Herstellern ausgeliefert“ seien. Es könne nicht sein, dass von der Finanzierungsvereinbarung für ein Konnektoren-Update für den Aufwand des Arztes nichts übrigbleibe und unter Umständen noch zusätzliche Kosten entstünden, kritisierte Kriedel. Deshalb wolle auch die KBV „auf dem Markt mitspielen“ und auf die Praxen abgestellte Lösungen anbieten können, um zu zeigen, wie teuer die Produkte eigentlich sein müssten und ob die Angebote der Industrie vielleicht überteuert seien. In der Resolution kündigten die Vorstände an, alle Maßnahmen zu ergreifen, um einen effektiven Wettbewerb für bessere Hard- und Softwarelösungen für die Praxen zu stimulieren. „Hierzu werden wir alle Möglichkeiten, auch in Form von Kooperationen und Eigenentwicklungen, sondieren“, heißt es.

 

Offener Brief an Spahn

 

Die KBV hatte bereits mehrfach die Digitalisierungspolitik angeprangert. Zuletzt hatten sich im Juli die Vorstände der KBV und der 17 KVen mit einem Forderungskatalog an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gewandt und einen Kurswechsel in der Digitalisierungspolitik angemahnt. In einem offenen Brief kritisieren sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die von den Niedergelassenen zunehmend nicht mehr toleriert würden. Quelle: KBV-„PraxisNachrichten“ am 1. Oktober 2020