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18.09.2020 09:21 Alter: 4 yrs
Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, Praxismanagement

„Wir sind mit dem dualen System hervorragend gefahren“

BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel im Interview


 

 

Dr. Peter Engel, Präsident der Bundeszahnärztekammer, erläutert, wie die Zahnärztinnen und Zahnärzte die Coronakrise erlebt haben –und welche Umstände zur erfolgreichen Bewältigung beigetragen haben. Mit ihm sprach PKV-Pressereferent Stephan Caspary.

 

Herr Dr. Engel, als das mit Corona von heute auf morgen losging: Was waren die größten Herausforderungen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte?

 

Als sich die Pandemie im Februar dieses Jahres abzeichnete, hatten wir erhebliche Schwierigkeiten, Schutzbekleidung, Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel zu bekommen. Da die Produktionsstandorte vorwiegend in Asien liegen und dort der Lockdown vollzogen war, blieben die Lieferungen aus. Wir bekamen zwar hier und da etwas, aber natürlich zu Preisen, die unglaublich nach oben schossen. Von daher war das eine ganz schwierige Situation für die Zahnärzteschaft.

 

Kann man denn – vor dem Hintergrund der hygienischen Situation – heute wieder ohne Sorge einen Zahnarzttermin wahrnehmen?

 

Bei uns gab es eigentlich nie ein Problem. Wir hatten auch schon vor der Epidemie sehr hohe Hygienestandards. Unsere Hygienepläne sind mit der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RKI abgestimmt. Nach Beginn der Pandemie wurden diese Vorsichtsmaßnahmen weiter ausgebaut und risikoadaptiert angewandt, was zu erheblichen Kostensteigerungen in den Praxen geführt hat: Es konnten zum Beispiel die Wartezimmer nicht mehr voll besetzt werden, es mussten Schutzschilder besorgt und aufgebaut werden.

 

Die privaten Krankenversicherungen und die Bundeszahnärztekammer haben eine Vereinbarung über eine sogenannte Hygienepauschale geschlossen. Wie beurteilen Sie diese?

 

Zusammen mit der PKV und der Beihilfe haben wir glücklicherweise eine sehr schnelle, unbürokratische Lösung gefunden, wie wir die erheblich gestiegenen Hygienekosten und den zusätzlichen Aufwand abfedern konnten. Insgesamt reden wir immerhin über einen Betrag von über 100 Millionen Euro.

 

Wie nehmen Ihre Kolleginnen und Kollegen dieses Engagement von Beihilfe und privater Krankenversicherung wahr?

 

Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Zum einen auf die Pauschale an sich, und zum anderen auf die situationsadäquate, unbürokratische Reaktion gesundheitspolitischer Verbände. Das zeichnet diese Vereinbarung aus.

 

Mehr Eigenverantwortung führt aus der Krise

 

Wenn Bürokratieabbau sehr hilfreich war – was sagen Sie denen, die aus Corona die Schlussfolgerung ziehen, man müsse den Staat noch mehr stärken im Gesundheitswesen?

 

Ich glaube, mehr Staat würde nicht dazu führen, dass wir diese Krise besser bewältigen. Ich glaube, dass nur mehr Eigenverantwortung dazu führen kann, diese Krise zu überwinden. Auch vor dem föderalistischen Hintergrund bin ich der Meinung, dass gerade die Selbstverwaltung einen immensen Anteil daran hat, dass wir einigermaßen gut aus der Krise herausgekommen sind.

 

Mehr Staat, mehr Vereinheitlichung: Das ist ja auch eine politische Devise von manchen. Da sind wir bei dem Stichwort Bürgerversicherung.

 

Von der Diskussion Bürgerversicherung und Einheitsgebührenordnung halte ich überhaupt nichts. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mit dem dualen System hervorragend gefahren sind – und zwar alle, sowohl die Ärzteschaft, als auch die Kostenerstatter, und vor allen Dingen die Patienten.

 

Wir haben einen Grundleistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, der im europäischen Vergleich einzigartig ist. Darüber hinaus haben wir eben die Zusatzleistungen, die erbracht werden sollen. Hier brauchen wir das duale System, weil gerade die PKV dafür sorgt, dass Investitionen, innovationsfreudige Zahnmedizin, neue Behandlungs- und Untersuchungsmethoden in den Praxen überhaupt erst möglich werden. Quelle: PKV-Newsletter am 18. September 2020