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16.06.2020 11:36 Alter: 4 yrs
Kategorie: Arbeitsrecht, Praxismanagement

Kündigung eines Arbeitsvertrages bei einer Gemeinschaftspraxis

Was ist zu beachten? / Rechtstipp von ZfN


 

 

Rechtstipp unseres Kooperationspartners Zahnärzte für Niedersachsen e.V. (ZfN), Nachdruck mit freundlicher Genehmigung:

 

Viele der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxen werden in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben. Grundsätzlich handeln die Gesellschafter gemeinschaftlich. Sie können aber durchaus auch Aufgaben unter den Gesellschafter verteilen. So kann beispielsweise vereinbart werden, dass sich der eine Gesellschafter um die Beschaffung von Material etc. kümmert, der anderen um den Einsatz des Personals. Dabei muss aber beachtet werden, dass bei Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch die Gemeinschaftspraxis grundsätzlich alle Gesellschafter die Kündigung mit unterschreiben müssen.

 

Problematisch ist dies immer dann, wenn nicht alle Gesellschafter zugegen sind und Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, denn die Kündigung ist analog § 174 BGB unwirksam, wenn ein Bevollmächtigter ein einseitiges Rechtsgeschäft (Kündigung) einem anderen gegenüber vornimmt. Dann hat der Bevollmächtigte (Gesellschafter) eine Vollmachtsurkunde vorzulegen, die ihn bevollmächtigt, das Rechtsgeschäft auch für die anderen Gesellschafter vorzunehmen. Kann er dies nicht, kann der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweisen. Kündigt somit nur ein Gesellschafter und weist er nicht zugleich durch eine Vollmacht nach, dass er von den anderen Gesellschaftern ermächtigt wurde, die Kündigung auszusprechen, kann diese vom Arbeitnehmer zurückgewiesen werden. Die Kündigung ist dann unwirksam.

 

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 05.12.2019, Aktenzeichen. 2 AZR 147/19, ausgeführt, dass eine Kündigung analog § 174 BGB unwirksam ist, wenn der Gesellschafter nicht seine Alleinvertretungsbefugnis, zum Beispiel durch eine entsprechende Vollmachtsurkunde oder durch Vorlage des Gesellschaftsvertrages –zumindest in Auszügen-, aus der sich die Alleinvertretungsbefugnis eines Gesellschafters zur Kündigung von Personal ergibt, vorlegen kann. Da es sicherlich nicht ratsam und auch nicht gewünscht ist, bei Kündigungserklärungen von Personal den Gesellschaftsvertrag offenzulegen, sollten Vollmachten erteilt werden, die es dem jeweils handelnden Gesellschafter erlaubt, die Kündigung auszusprechen. Dabei sollte nicht nur berücksichtigt werden, dass ein solcher Fall akut werden könnte, wenn die anderen Gesellschafter im Urlaub sind. Auch Erkrankungen, Quarantänen, Naturkatastrophen haben uns in der letzten Zeit gezeigt, dass es viele Eventualitäten gegeben kann, die dazu führen, dass plötzlich ein Gesellschafter in der Praxis die Mitgesellschafter  vertreten muss. Dann sollten die notwendigen Vollmachten vorhanden sein. Vorsorglich sollte der Gesellschaftsvertrag ausweisen, dass ein Gesellschafter die anderen Mitgesellschafter arbeitsrechtlich vertreten kann.

 

Dieser Tipp kommt von Wencke Boldt, Fachanwältin für Medizinrecht, Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover

 

Quelle: ZfN am 16. Juni 2020