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Kategorie: Berufspolitik, Gesundheitspolitik, GKV-Szene, Praxisfinanzen
KBV erreicht Entlastungen für Ärzte bei Wirtschaftlichkeitsprüfung
Neuregelungen gelten rückwirkend zum 11. Mai 2019
Ärzte müssen im Fall eines Arznei- oder Heilmittelregresses in der Regel nicht mehr für die gesamten Kosten einer unwirtschaftlichen Verordnung aufkommen, sondern nur den Mehrpreis erstatten. Dies sehen neue Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vor, die die KBV mit dem GKV-Spitzenverband abgeschlossen hat. „Wir konnten ein sehr gutes Verhandlungsergebnis erzielen“, erklärte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Stephan Hofmeister. „Die neuen Regelungen entlasten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Fall von Regressen und bieten zusätzlich mehr Planungssicherheit durch die Verkürzung der Frist für Wirtschaftlichkeitsprüfungen von vier auf zwei Jahre.“
Nachforderungen auf Höhe der Kostendifferenz begrenzt
Die Aktualisierung der Rahmenvorgaben war insbesondere aufgrund des 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) notwendig geworden. Denn das Gesetz sieht unter anderem vor, dass bei Regressen für verordnete Leistungen nicht mehr die gesamten Kosten der als unwirtschaftlich erachteten Leistung erstattet werden müssen, sondern nur noch der Differenzbetrag zwischen unwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Leistung. Strittig war diesbezüglich bei den Verhandlungen zu den Rahmenvorgaben unter anderem, in welchen Fällen dies bei Einzelfallprüfungen zur Anwendung kommen soll. Die KBV konnte erreichen, dass bei fast allen Leistungen nur noch die Kostendifferenz zu zahlen ist.
Volle Kostenerstattung nur in wenigen Fällen
Nur bei generellen Verordnungsausschlüssen soll die neue Regelung nicht berücksichtigt werden, also beispielsweise bei gesetzlichen Ausschlüssen wie Lifestyle-Arzneimitteln oder Erkältungsmedikamenten – und bei Ausschlüssen nach der Heilmittel-Richtlinie, zum Beispiel Musiktherapie. Zudem konnte die KBV durchsetzen, dass diese Differenzberechnung auch bei allen Verordnungseinschränkungen und -ausschlüssen aufgrund von Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durchgeführt wird. Dazu zählen bei Arzneimitteln unter anderem Prüfanträge wegen eines Off-Label-Use. Außerdem wurde vereinbart, dass die Differenzberechnung auch bei der Prüfmaßnahme „Beratung vor Regress“ angewendet wird. „Dadurch kann der Arzt unter die Auffälligkeitsgrenze gelangen und die ansonsten einmalige Regelung ‚Beratung vor Regress‘ bleibt somit gegebenenfalls für zukünftige Verfahren erhalten“, betonte Hofmeister.
Frist für Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf zwei Jahre verkürzt
Das TSVG sieht auch vor, dass Wirtschaftlichkeitsprüfungen zwei Jahre nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet wurden, abgeschlossen sein müssen. Für Auffälligkeitsprüfungen wurde dies in den Rahmenvorgaben von einer Soll-Regelung nunmehr in eine Muss-Regelung umgewandelt. Darüber hinaus konnte die KBV erreichen, dass die Zweijahresfrist auch für Einzelfallprüfungen gilt. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Kassen die vollständigen Prüfunterlagen in der Regel sechs Monate vor Fristablauf vorlegen müssen und Ärzten im Regelfall eine Stellungnahmefrist von sechs Wochen eingeräumt wird.
Neue Regelungen gelten bereits für 2019
Die Neuregelungen bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen von verordneten Leistungen gelten mit Inkrafttreten des TSVG, das heißt ab dem 11. Mai 2019. Die KBV konnte in den Verhandlungen bewirken, dass sie immer dann Anwendung finden, wenn bei Prüfungen auch Verordnungen, die nach dem 11. Mai 2019 erfolgten, betroffen sind. Damit werden beispielsweise bei jahresbezogenen Richtgrößenprüfungen für das Jahr 2019 die Neuregelungen bereits für Verordnungen ab dem 1. Januar 2019 angewendet.
Weitere Anpassungen
Weitere, nicht durch das TSVG bedingte Anpassungen in den Rahmenvorgaben betreffen unter anderem die Umsetzung der neuen Heilmittel-Richtlinie ab Oktober. Hier haben KBV und GKV-Spitzenverband eine Übergangsregelung getroffen: Individuelle Genehmigungen eines langfristigen Heilmittelbedarfs, die auf Basis der geltenden Heilmittel-Richtlinie ausgesprochen wurden, bleiben über den 1. Oktober 2020 hinaus erhalten. Es muss kein erneutes Antrags- und Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. Quelle: KBV-„PraxisNachrichten“ am 7. Mai 2020