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01.04.2020 13:04 Alter: 4 yrs
Kategorie: Arbeitsrecht, Praxisfinanzen, Praxismanagement

Informationen zum Arbeitsrecht in Zeiten der Corona-Pandemie

Newsletter für Zahnärzte aus der Kanzlei „heller::kanter Rechtsanwälte“


Exzerpt aus der aktuellen Ausgabe des Newsletters mit freundlicher Genehmigung der Kanzlei:

 

Kurzarbeitergeld

 

In Ihrer Praxis wird – ausgenommen Quarantäne-Fälle – weiterhin behandelt werden müssen und dürfen. Gleichwohl werden die Erschwernisse bei der Annahme von Patienten und die Dauer der Behandlungen aufgrund hygienischer Zusatzanforderungen steigen. In dieser Situation kann neben Zuschüssen die Beantragung von Kurzarbeitergeld helfen. Bei Arbeitsausfall ist als Alternative zu Kündigungen die Einführung von Kurzarbeit zu prüfen. Diese bedarf der Zustimmung der Mitarbeiter und Antrag bei der Agentur für Arbeit. Auszubildende können nicht „in Kurzarbeit geschickt werden“. Rückwirkend zum 01.03. hat der Gesetzgeber Erleichterungen zur Beantragung von Kurzarbeit eingeführt. Ausreichend ist jetzt bereits ein Arbeitsausfall von 10 %. Diese Schwelle lag bisher bei einem Drittel der Belegschaft. Die Sozialversicherungsbeiträge werden voll erstattet. Zuvor mussten Sie als Arbeitgeber diese voll übernehmen. Es muss nicht mehr, wie bislang, ein negatives Arbeitszeitkonto aufgebaut werden. Lediglich Urlaub und Überstunden sind unter bestimmten Gründen aufzubrauchen. Von den Arbeitsagenturen wird aktuell „nur“ gefordert, dass Resturlaub eingebracht wird. Auch Ihre arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht kann eine Reduzierung der Mitarbeiterzahl erforderlich machen, denn Sie müssen den Gesundheitsschutz sicherstellen und dazu ggfs. mit wechselnden Schichten in kleineren Einheiten arbeiten. Anmerkung: Im Falle einer Schließung wg. Quarantäne kommen Entschädigungsleistungen nach dem Infektionsschutzgesetz in Frage. Das Gesetz ermöglicht die Beantragung eines Vorschusses auf solche Leistungen.

 

Fürsorgepflicht

 

Sie haben als Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Mitarbeitern. U.a. sind Sie hiernach verpflichtet – neben den ohnehin bestehenden hygienischen Anforderungen – Maßnahmen zum Schutz vor Ansteckung vorzusehen und zu gewährleisten. Kammern und Verbände haben umfangreiche Informationen hierzu aus medizinischer Sicht auf ihren Homepages bereitgestellt, die Sie sicher bereits berücksichtigen.

 

Fragerecht nach Erkrankung

 

Eine Auskunftspflicht Ihrer Mitarbeiter über eine Erkrankung ist grundsätzlich ebenso wenig gegeben wie das Recht, nach einer Diagnose zu fragen. Wurde aber bei einem Arbeitnehmer eine Infektion mit dem neuen Coronavirus, SARS-CoV-2 festgestellt, sind Arbeitnehmer aufgrund ihrer vertraglich bestehenden (Neben-)Pflicht zur Rücksichtnahme dazu verpflichtet, ihren Arbeitgeber von sich aus über ein erhöhtes Risiko infolge einer Corona-Infektion zu informieren. Auf diesen Umstand darf der Arbeitgeber hinweisen, ohne einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften zu riskieren. Ob es ein Fragerecht des Arbeitgebers nach Krankheiten oder ansteckenden Krankheiten gibt, ist gerichtlich nicht geklärt. Die Gerichte haben sich im Zusammenhang mit der HIV-Infektion mit dieser Frage auseinandergesetzt. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die symptomfreie HIV-Seropositivität keinen Eignungsmangel für eine Tätigkeit begründe, weil „die Gefahr einer Ansteckung bei den normalen Beziehungen am Arbeitsplatz ausgeschlossen“ sei. Hieraus ist einerseits ablesbar, dass der Nachweis einer Infektion trotz Ansteckungspotential nicht bereits die Fragerechte ausweitet. Die Begründung lässt aber erkennen, dass darauf abgestellt wird, ob sich die Gefahr der Ansteckung verwirklichen kann. Das ist bei der Covid-19-Infektion aufgrund der fehlenden Immunität in der Bevölkerung anzunehmen. Je größer überdies die Ansteckungsgefahr aufgrund der arbeitsvertraglichen Tätigkeit ist, desto weiter geht das Fragerecht. Sie haben daher ein Fragerecht nach einer Infektion oder entsprechenden Symptomen.

 

Arbeitsunfähigkeit wg. Corona

 

Bei Erkrankung von Mitarbeitern infolge einer Infektion mit dem Coronavirus, besteht nach vierwöchiger ununterbrochener Beschäftigung ein Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall für sechs Wochen.

 

Kinderbetreuung nicht gewährleistet

 

Ist bei der Schließung der Kita/Schule wegen des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, haben Arbeitnehmer alternative Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen. Erst wenn das nicht einzurichten ist, kann von einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers ausgegangen werden, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte, d. h., der Mitarbeiter wird von der Pflicht der Leistungserbringung frei. Urlaub kann nicht ohne weiteres angeordnet werden. Das heißt aber nicht zugleich, dass ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht. Das gilt nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit, in der Regel ein paar Tage. Zudem kann der Anspruch, der auf einer gesetzlichen Vorschrift beruht, durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder ausgeschlossen sein. Hat ein Arbeitnehmer Angst, weil Kollegen z.B. husten, besteht nicht sogleich ein Recht wegen des Ausbruchs einer Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben. Ein Leistungsverweigerungsrecht bestünde nur bei Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung. Dafür müsste z.B. die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellen. Das bloße Husten von Kollegen dürfte hierzu nicht ausreichen. Quelle: heller::kanter Rechtsanwälte (Gustav-Heinemann-Ufer 56, 50968 Köln), Rechtsinformationen für Zahnärzte, 1.2020; mail@heller-kanter.de; www.heller-kanter.de